Eine große Studie der australischen Regierung kann keine negativen Folgen feststellen
Ein bereits 1995 von der australischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht Computer Games and Australians Today [0] über die Auswirkungen von Computerspielen, wurde jetzt veröffentlicht [1] und kommt zu dem Schluss, dass die oft geäußerten Vorbehalte und Sorgen wahrscheinlich unbegründet sind.
Die Autoren, Kevin Durkin, Psychologieprofessor an der University of Western
Australia, und Kate Aisbett von der Australian Film, Television und Radio School,
bezeichnen die Studie als eine der größten, die jemals über Computerspiele durchgeführt
wurden. Der Grund für die Beauftragung seitens der Behörden, die für Klassifizierung
zuständig sind, war, dass man wegen der Einführung eines Bewertungsschemas für
Computerspiele in Analogie zu Filmen vor allem wissen wollte, wie sich aggressive
Inhalte auf Kinder und Jugendliche auswirken und ob sie hier stärker wirken
als etwa in Filmen. Aufgrund des vorliegenden Berichts sollen die Bewertungseinstufungen
im nächsten Jahr revidiert werden.
Zwar gebe es in Vergleich zu Fernsehen oder Filme im Bereich der Computerspiele
immer noch relativ wenig Untersuchungen, so die Autoren, die vorliegenden allerdings
würden die Ängste vor negativen Auswirkungen nicht bestätigen. So gebe es keine
Hinweise darauf, dass Computerspiele aggressives Verhalten auslösen oder fördern,
süchtig machen, das Familienleben oder die Schulleistung beeinträchtigen oder
unerwünschte gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Die Wissenschaftler warnen
gleichwohl vor dem Schluss, dass Computer aus diesem Grund überhaupt keine unerwünschten
Folgen haben könnten oder dass sie gar immer gut seien: "Das bedeutet, man muss
Computerspiele für das Leben der jungen Australier nicht unter der Voraussetzung
betrachten, dass diese Form der Unterhaltung an sich problematisch ist."
Der australische Generalstaatsanwalt Daryl Williams meint, das sei eine beruhigende
Meldung für die Eltern: "Die Ergebnisse können die Ängste mindern, dass der
dramatische Anstieg der Popularität von Computerspielen eine Sucht bei jungen
Spielern auslösen oder diese negativ beeinflussen könnten. Ich freue mich, sagen
zu können, dass es keinen Beleg zur Unterstützung der Ängste gibt, dass das
Spielen von Computerspielen signifikant zur Aggression in diesem Land beiträgt."
Computerspiele sind in Australien wie anderswo in den westlichen Ländern zu
einer Grunderfahrung von Kindern und Jugendlichen geworden. Fast jedes australisches
Kind und nahezu die Hälfte der Erwachsenen haben bereits mit Computerspielen
gespielt. Computerspiele bieten, wie Beobachtungen in Spielhallen ergeben haben,
nicht nur einen großen Unterhaltungs- und Entspannungwert, sie werden auch gerne
gemeinsam gespielt, wobei viel gelacht und gesprochen wird. Offene Aggression
tritt sehr selten auf und äußert sich in aller Regel im aggressiven Umgang mit
den Geräten. Attraktion sei vor allem die Herausforderung, das Spielziel zu
bewältigen. Bei ausführlichen Befragungen und Beobachtungen von Gruppen von
Spielern zwischen 5 und 25 Jahren stellte sich heraus, dass Computerspiele für
die meisten lediglich ein Unterhaltungsangebot unter anderen ist, das man vor
allem dann nutzt, wenn man gerade nichts anderes machen kann, eine Art Pausenfüller
also. Auch wenn bei neuen Spielern oder Spielen manchmal eine Phase der exzessiven
Benutzung auftritt, legt sich diese nach einer gewissen Zeit in aller Regel
wieder. Am meisten geschätzt an Computerspielen wird deren Interaktivität, die
den Spielern eine größere Autonomie und Kontrolle als bei anderen Medien gewährt,
aber auch die Befriedigung, wenn man neue Geschicklichkeiten erwirbt. Aggressive
Inhalte spielen keine primäre Rolle, mit den Spielfiguren identifizieren sich
die Kinder kaum, weil sie diese als fiktiv betrachten, die Gewalt wird nicht
ernst genommen, weil man nicht glaubt, dass man wirklich jemanden beim Spielen
Gewalt zufügt. Dieses Auseinanderhalten von Realität und Fiktion treffe auch
noch bei den neuesten Spielen mit realistischeren Darstellungen zu.
Gleichwohl ergab eine landesweite Telefonbefragung, die im letzten Jahr ausgeführt
wurde, dass zwar die meisten positive Gefühle mit Computerspielen assoziieren,
aber dass doch immerhin 23 Prozent Kampfspiele bevorzugen, selbst wenn gute
Grafik, realistische Handlung, viele Levels, der Sound oder die Möglichkeiten,
gemeinsam zu spielen, bei einem Spiel als wichtigste Eigenschaften gelten. Den
zweiten Platz mit 20 Prozent nehmen Fahrspiele ein. Noch immer spielen mehr
Männer als Frauen, allerdings wird der Abstand bei den jüngeren bereits erheblich
kleiner. Die Erwachsenen scheinen sich kaum Sorgen zu machen, dass die Kinder
von Spielen, die für Erwachsene eingestuft wurden, beeinträchtigt werden könnten.
Auf die Frage nach Sorgen nannten dennoch 45 Prozent der Erwachsenen und 24
Prozent der Jugendlichen die Darstellung von Gewalt in Computerspielen. Während
28 Prozent der Eltern sagten, sie hätten bereits einmal ihren Kindern Computerspiele
mit zu gewalttätigen Inhalten verboten, berichten dies nur 17 Prozent der Kinder
und Jugendlichen, von denen 21 Prozent aber von selbst mit dem Spielen aufgehört
haben wollen, wenn ein Computerspiel für sie zuviel Gewalt enthielt.
Insgesamt, so die Schlussfolgerung der Autoren, sei es sehr schwierig, überhaupt
negative Auswirkungen festzustellen, weswegen es unwahrscheinlich sei, dass
es sie in nennenswerter Weise gibt. Man müsse die Auswirkungen dieses neuen
Mediums so einschätzen, wie man dies zuvor auch beim Fernsehen gesehen habe:
Computerspiele "können Auswirkungen für manche Menschen unter bestimmten Bedingungen,
die noch entdeckt werden müssen, haben, doch sie haben allgemein keine zwingenden
Auswirkungen auf junge Menschen." Dasselbe gilt allerdings für mögliche positive
Auswirkungen. Hier hängt nach den Autoren viel von den Kindern selbst und dem
Maß ab, in dem Erwachsene am Spielen beteiligt sind.
Links:
[0] http://www.oflc.gov.au/Pages/clasinfo.html
[1] http://law.gov.au/aghome/agnews/1999newsag/660_99.htm