Berlin (Reuters) - Die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen wird nach Berechnungen von Statistikern bis zum Jahr 2050 selbst bei einer hohen Zuwanderung aus dem Ausland drastisch sinken. Angesichts des Geburtendefizits werde die Bevölkerung von derzeit rund 82 Millionen auf dann 65 bis 70 Millionen Einwohner schrumpfen, sagte am Mittwoch der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen, vor Journalisten in Berlin. Bei dieser Berechnung werde davon ausgegangen, dass jährlich 100.000 bis 200.000 Menschen mehr nach Deutschland zu- als auswanderten. Auch die Altersstruktur werde sich "dramatisch ändern". Auf 100 Personen im Erwerbsalter kämen dann 75 bis 80 Menschen im Rentenalter ab 60 Jahren statt heute etwa 40.
Die Ergebnisse der Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2050 seien eine "Herausforderung für eine nachhaltige Politik", sagte Hahlen. Die sinkende Bevölkerungszahl und die zunehmende Alterung der Gesellschaft habe gravierende Folgen unter anderem für die Sozialversicherungen, den Arbeitsmarkt oder die Steuer- und die Bildungspolitik. In den vergangenen Jahren habe er in der Politik "mit Bedauern eine gewisse Faktenresistenz gegenüber dieser Entwicklung festgestellt". Er habe jedoch den Eindruck, dass diese Faktenresistenz inzwischen vorüber sei.
Den Berechnungen liegt die Annahme zu Grunde, dass sich das Geburtendefizit in Deutschland nicht merklich verändern wird. Derzeit brächten im statistischen Durchschnitt 1000 Frauen 1400 Kinder zur Welt, sagte Hahlen. "Daran wird sich bis 2050 nichts ändern." Zur langfristigen Erhaltung der Bevölkerungszahl wäre jedoch eine Geburtenhäufigkeit von 2100 erforderlich.
Auch in den nächsten 50 Jahren dürften wie in den vergangenen drei Jahrzehnten mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden. Derzeit gebe es etwa 76.000 mehr Sterbefälle als Geburten. Im Jahr 2050 werde diese Zahl bei 640.000 bis 670.000 liegen, je nachdem, ob man von einem Zuwanderungsplus von jährlich 200.000 oder 100.000 Menschen ausgehe.
Auch durch Zuwanderung sei der Alterungsprozess der Gesellschaft nicht zu stoppen, sagte Hahlen. Die Lebenserwartung werde bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um etwa vier Jahre steigen. Der so genannte Altenquotient, der das Verhältnis der Bevölkerung im Rentenalter zu derjenigen im Erwerbsalter (20 bis 59 Jahre) wiedergebe, werde sich in etwa verdoppeln. Heute kämen 40 Personen im Rentenalter von 60 Jahren und darüber auf 100 Erwerbsfähige. 2050 werde diese Zahl auf 75 bis 80 steigen. Wenn die Altersgrenze auf 65 verschoben würde, stiege die Zahl der Rentner pro 100 Erwerbsfähige von heute 25 auf 52 bis 56. (hoh/sob)