M 07.05 Thesen zum Wahlkampf
 


Der Wahlkampf ist in den Augen der Bevölkerung ein ungeliebtes, notwendiges Übel. Man erlebt die Wahlkämpfe als eine mäßige Showveranstaltung, in der sich die Politiker gegenseitig die Fehler der Vergangenheit vorhalten, ohne besser als sonst über ihre Ziele zu informieren. Insbesondere die Spitzenpolitiker haben sich keine Lorbeeren verdient, obgleich man ihr Auftreten besonders spannend findet. Übertreibungen und Vereinfachungen sorgen dafür, daß der Bürger sich irregeleitet fühlt. Die wirklichen Probleme unseres Landes kommen dabei zu kurz. (...)

In der Süddeutschen Zeitung schrieb H. Heigert: "Wer in der Zukunft über ‘Staatsverdrossenheit' oder ‘Abkehr vom demokratischen Gedanken' besonders bei der Jugend räsonieren will, braucht nicht lange nach den Verursachern zu fragen. Die Namen sind nun bekannt. (...) Politik (...) besteht zuallererst aus Begreifen, Aufklären, Folgerungen ziehen und aus Diskussionen, Überreden, Führen. Dies ist, noch einmal, auf skandalöse, auf hoffentlich (noch) nicht gefährliche Weise in diesem destruktiven Wahlkampf vergessen worden." (...)

Meine These ist: Die Wahlkämpfer verspielen ihren Kredit gerade bei den Gruppen, auf deren Zustimmung, Vertrauen und Engagement sie auf Dauer am meisten angewiesen sind, also zum Beispiel die jüngeren Wähler, die Gebildeteren, die politisch Interessierteren.

Aus: W. R. Langenbucher: Wahlkampf - ein ungeliebtes, notwendiges Übel, in: W. Schulz/K. Schönbach (Hrsg.): Massenmedien und Wahlen, München 1983, S. 119.
-> drucken