M 07.11 Wahlkampfmittel
 



Plakatierung

Die Plakatierung spielt im Wahlkampf der Parteien eine wichtige Rolle; sie dient vor allem der Demonstration politischer Präsenz nach außen und gibt der Partei die Möglichkeit, ihre Mitglieder, z.B. zum ‘Kleben' der Plakate zu mobilisieren. Man unterscheidet zwei Arten von Plakatierung: Neben der Plakatierung der Parteien auf eigenen Plakatständern gibt es die kommerzielle Plakatierung auf bereits vorhandenen Werbeflächen und Litfaßsäulen usw. Die Wirkung der Plakate wird weniger in der Überzeugung denn in der Verstärkung bereits vorhandener Wählereinstellungen gesehen. (...)


Werbebroschüren

Unter Werbebroschüren werden diejenigen Werbeschriften der Parteien verstanden, die als Prospekte, Zeitungsbeilagen, Faltblätter, Zeitungen usw. für die Erfordernisse des Wahlkampfes konzipiert sind und in vielfältiger Art an den Wähler weitergegeben werden. Neben der Vorstellung der Kandidaten enthalten sie zumeist eine Leistungsbilanz der Partei oder Fraktion in den vergangenen Jahren oder programmatische Forderungen für die Zukunft. Allgemein läßt sich die Tendenz beobachten, daß die Zahl der Werbeschriften zugunsten von Anzeigekampagnen insgesamt rückläufig ist. Eine Partei erstellt eine eigene Zeitung, die kostenlos an die Haushalte verteilt wird. Sie unterscheidet sich äußerlich kaum von bekannten Boulevardzeitungen.


Anzeigen

Eine weitere wichtige Wahlkampfform der Parteien bildet die Anzeigenwerbung, weil sie "mit ihren vielfältigen Möglichkeiten der Wahlkampfführung einen breiten Entscheidungsspielraum einräumt." Sie ist wie kaum ein anderes Wahlkampfmittel geeignet, in relativ kurzer Zeit gestaltet werden zu können. Mit Anzeigen können Parteien auf aktuelle politische Ereignisse reagieren. Sie erreichen dabei einen Großteil der Wählerschaft. Darüber hinaus können die Anzeigen gezielt auf bestimmte Wählergruppen hin konzipiert werden und die Leserschaft von bestimmten Zeitungen und Zeitschriften individuell ansprechen. (...)


Straßenwahlkampf

Ganz besondere Beachtung verdienen Wahlkampfaktivitäten der Parteien unter freiem Himmel "auf der Strasse", da sie sich von den meisten Wahlkampfformen dadurch unterscheiden, daß eine unmittelbare Kommunikation zwischen dem Wähler und dem politischen Akteur prinzipiell möglich und eine direkte Bürgeransprache auch erwünscht ist. In der Regel befinden sich die Informationstische der Parteien an den Brennpunkten der Städte wie Einkaufszentren, Marktplätzen oder Bahnhöfen, also zu bestimmten Zeiten (z.B. Samstagsvormittags) besonders stark frequentierten Orten. Ein solcher Stand besteht zunächst aus einem Tisch mit entsprechendem Informationsmaterial. Plakatständer und Sonnenschirme sollen die Aktivität der Partei weithin sichtbar oder unter Hinzuziehung von Lautsprecherwagen auch hörbar werden lassen. Personell besetzt ist ein solcher Stand, insbesondere in Besucherspitzenzeiten, mit einem oder mehreren lokalen Kandidaten und Parteimitgliedern zur Ausgabe der Materialien. (...)


Kundgebungen

Kundgebungen mit Spitzenakteuren und von den Parteien veranstaltete öffentliche Selbstdarstellungen sind selbstverständlicher Bestandteil eines Wahlkampfes, sie garantieren eine hohe Aufmerksamkeit der lokalen Medien. Kundgebungen sind vor allem dadurch charakterisiert, daß dem Wähler ein Eingreifen i.d.R. nicht möglich ist. Seine Reaktionsmöglichkeiten bleiben auf Akklamation oder Mißfallensäußerungen, allenfalls auf Zwischenrufe beschränkt. Ihr Ablauf, der von äußeren Bedingungen, wie Größe und Struktur der Zuhörerschaft weitgehend unabhängig ist, erfolgt i.d.R. nach folgendem Muster: Nach der Begrüßung durch einen örtlichen Parteifunktionär folgt ein Referat eines höherrangigen, zumeist Spitzenpolitikers und endet mit dem Wahlaufruf des lokalen Parteifunktionärs an die Anwesenden. Solche Veranstaltungen unterstreichen die Tendenz der Personalisierung von Politik zu Ungunsten einer sachpolitischen Auseinandersetzung, da die Person des Spitzenkandidaten im Mittelpunkt steht.


Diskussionsveranstaltungen

Als "Podiumsdiskussion" wird in der Regel eine Veranstaltung bezeichnet, bei der sich Politiker mehrerer Parteien vor einem Auditorium gegenübersitzen und über ein oder mehrere vorher festgelegte Themen des politischen Problemhaushaltes diskutieren. Für das Zustandekommen müssen insbesondere drei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen das Vorhandensein einer mitgliederstarken, örtlichen Organisation, die den Parteien für ein ausreichend großes Auditorium einstehen kann sowie zweitens die Möglichkeit einer Absprache zwischen den Parteien über die gemeinsame Durchführung. Sollte, als dritte Voraussetzung, nur eine mitgliederarme Organisation zur Verfügung stehen, empfiehlt sich, bei der Themenwahl eine möglichst große örtliche Betroffenheit herzustellen, um nicht nur Parteimitglieder, sondern viele Wahlbürger zum Besuch der Podiumsdiskussion zu mobilisieren. Eine besondere Rolle kommt dem Diskussionsleiter zu, der hier regelmäßig als Sprecher der Mehrheit des Plenums agiert. Daneben gibt es Diskussionsveranstaltungen, die nur von einer Partei getragen werden und wo neben den Politikern sich auch das Plenum zu Wort melden kann, was bei Podiumsdiskussionen der zuerst geschilderten Art weitaus weniger der Fall ist. Dies können Straßendiskussionen sein, aber ebenso auch Diskussionen vor geladenen Zielgruppen.


Internet

"Spektakulärste technische Neuerung" des Bundestagswahlkampfes 1998 ist der Wahlkampf im Internet (mit "Internet" wird hier der Dienst des World Wide Web bezeichnet). Wenn auch noch keine Ergebnisse über die Auswirkungen der Internetpräsenz auf den Wahlausgang vorliegen, so nimmt die Bedeutung der "Netzkampagnen" immer weiter zu. Von den 40 zur Bundestagswahl 1998 zugelassenen Parteien hatten bereits 30 eine eigene Web-Seite. Dabei wird das Internet nicht nur für den Kontakt zum Wähler genutzt, sondern auch für die Vernetzung der Mitglieder und den effizienten Einsatz von freiwilligen Wahlhelfern. Zudem verspricht man sich einen Imagegewinn in Bezug auf die Fortschrittsorientierung und Technikkompetenz der Parteien. Die Vorteile des Online-Wahlkampfs liegen auf der Hand: hochaktuell, schnell, billig und vor allem selbstproduziert (ohne den sonstigen Filter der Massenmedien) kommen die Informationen zu den Wähler/innen, die diese zeit- und ortsunabhängig abrufen und selbst selektieren können. Probleme gibt es hinsichtlich des ungleichen Zugangs der Wahlbevölkerung zum Internet. Ausbaufähig sind auch die vielgepriesenen "interaktiven Möglichkeiten" des Internet, mit dem die Wähler/innen sich per Politiker-Chat, Diskussion über Inhalte oder per E-Mail an die Politker/innen direkt einbringen können. Viele der derzeitigen Angebote sind eher symbolischer Natur.

Aus: U. Sarcinelli: Wahlkampf zwischen Politikinszenierung und Bürgerdialog, Stuttgart 1986, S. 44f; "Internet" nach: D. Clemens: Netz-Kampagnen. Parteien und politische Informationslotsen in den Internet-Wahlkämpfen 1998 in Deutschland und den USA, in: K. Kamps (Hrsg.): Elektronische Demokratie? Perspektven politischer Partizipation, Opladen 1999, S. 153-174.
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