M 07.22 Strafen für schwarze Kassen
 


Kommission zur Parteienfinanzierung legt Empfehlungen vor

Als Konsequenz aus der CDU-Spendenaffäre soll das Parteiengesetz bis Jahresende geändert und mit Sanktionsmöglichkeiten gegen Personen ausgestattet werden, die vorsätzlich gegen das Recht verstoßen.

SPD und Grüne kündigten die Gesetzesänderung gestern an, nachdem die von Bundespräsident Johannes Rau eingesetzte Kommission zur Reform der Parteienfinanzierung ihren Bericht in Berlin vorgelegt hatte. Die Kommission unter Vorsitz der Bundesrechnungshofpräsidentin Hedda von Wedel hatte vorgeschlagen, dass Parteien ihre Finanzen künftig nach kaufmännischen Gesichtspunkten offen .legen. "Vorsätzlich falsche Rechnungslegung" soll entsprechend den Vorschriften des Handelsrechts mit drei Jahren Haft oder einer empfindlichen Geldstrafe bedroht werden. Die heutige Form der Parteienfinanzierung und die Höhe der staatlichen Zahlungen wurden von der Kommission nicht beanstandet.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, und der Grünen-Obmann im CDU-Spenden-Untersuchungsausschuss, Hans-Christian Ströbele nannten einen "radikalen Umbau" des Gesetzes deswegen unnötig. Die 80 Vorschläge der Kommission würden sorgfältig geprüft, sagte Schmidt.

Nach den Vorstellungen der Kommission sollen Spenden von öffentlichen Unternehmen, an denen der Staat mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist, nicht von Parteien angenommen werden. Zwischen Parlamentsfraktion und Partei dürfen keine Finanztransfers abgewickelt werden. Bargeldverkehr solle nur bis zu einer "Bagatellsumme" von 2000 DM erlaubt sein. Laut Kommission soll der Finanzverkehr ansonsten bargeldlos und über ausgewiesene inländische Konten abgewickelt werden.

Im Gegensatz zur Union und FDP sieht die Kommission keinen Grund, den Parteien den Besitz von Unternehmen und speziell Medienbetrieben zu verbieten. Im Medienbereich greife bei einer Konzentration ohnehin das Kartell- beziehungsweise Presserecht.

SPD und Grüne haben sich nach eigenen Angaben schon weitgehend über die Änderungen am Gesetz verständigt. Nach der Sommerpause sollen Gespräche mit der Opposition geführt werden.

Rau meinte, mit ihrem Verzicht auf radikale Änderungen am System der staatlichen Parteienfinanzierung folge die Kommission der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International begrüßten die Kommissionsvorschläge. Die CSU begrüßte Teile der Empfehlungen, übte aber auch Kritik. Die FDP sprach von einem "Beitrag zu besserem Verhältnis von Bürgern, Parteien und Staat". Die PDS appellierte an die anderen Fraktionen, die Parteienfinanzierung einvernehmlich zu erneuern.

Aus: Münstersche Zeitung vom 19. Juli 2001.
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