M 07.25 Christlich-Soziale Union (CSU)
 


Vergleichbar der CDU (die in Bayern keine Kandidaten aufstellt - im Gegenzug verzichtet die CSU bisher auf eine bundesweite politische Arbeit), ist die Christlich-Soziale Union (CSU) eine Parteigründung, die von der Tradition her an das katholische Zentrum anschließt, ohne deshalb protestantische Bevölkerungsgruppen auszugrenzen. Die CSU entstand Anfang 1946 unter dem besonderen Einfluß von Adam Stegerwald und Josef Müller als stark föderalistisch orientierte Partei (Eigenständigkeit der Bundesländer), die aber auch den Aufbau der neuen Bundesrepublik als wichtiges Ziel in ihrem Programm festgeschrieben hatte. Seit 1957 stellt die CSU in Bayern ununterbrochen den Ministerpräsidenten; bei den Landtagswahlen 1974 erreichte sie ein absolutes Spitzenergebnis von 62,1 % der Wählerstimmen.

Politische Arbeit und Erfolge dieser Partei sind untrennbar mit dem Namen Franz-Josef Strauß verbunden, der als Parteivorsitzender von 1961 bis zu seinem Tod 1988 ohne ernsthafte Infragestellung amtierte. Anfechtungen, die für andere Spitzenpolitiker oft das politische "Aus" bedeuteten ("Spiegel-Affäre", gescheiterte Kanzlerkandidatur 1980), konnten seine Stellung - jedenfalls in Bayern - nicht ernsthaft beeinträchtigen. Strauß war der Prototyp des dynamischen, fast charismatischen Politikers, der seine politischen Auseinandersetzungen mit Härte und Entschlossenheit bestritt und auf diese Weise die Bevölkerung polarisierte: Der Bundestagswahlkampf 1980 z.B. reduzierte sich thematisch auf die Frage "für oder gegen" Strauß. Die Frage, ob die Partei auch ohne ihren "großen Vorsitzenden" bestehen könne, stand lange im Raum, hat sich jedoch mit Edmund Stoiber als bayrischem Ministerpräsidenten und Theo Waigel als Vorsitzendem gelöst.

Seit der Einheit ist allerdings rein numerisch der bundespolitische Einfluß der Partei gesunken, sowohl im Bundesrat als auch innerhalb der Bundestagsfraktion. Versuche bereits zur Volkskammerwahl mit der DSU in Ostdeutschland über Bayern hinaus aktiv zu werden, scheiterten zum einen an den viel zu geringen Wahlergebnissen dieser Partei und zum anderen an der Drohung der CDU, nun auch in Bayern Kandidaten aufzustellen. Trotzdem konnte die Partei ihre Doppelrolle als bayrische Vertretung in der Bundesregierung und als Landespartei bisher positiv verbuchen, da landespolitische Probleme durch bundespolitische Erfolge überlagert wurden und umgekehrt.

Programmatisch weist die CSU in vielen Fragen eine stärkere Betonung der christlich-konservativen Aspekte auf als die "Schwesterpartei" CDU; eindeutig ist das Bekenntnis zu "Bayern zuerst", was auch die gegenwärtigen Schwierigkeiten in Teilen der Partei (Stoiber) mit dem europäischen Einigungsprozeß erklärt. Im Grundsatzprogramm von München 1976 bezeichnet sich die CSU als "konservativ", "liberal" und "sozial". In stark wertorientierten Fragen (z.B. Abtreibung) steht die CSU in der Regel auf der Seite der katholischen Amtskirche. Das zeigen auch die Versuche der bayrischen Regierung, das sog. Kruzifixurteil des BVG zu "umgehen". (Danach ist es dem Staat verboten, durch gesetzliche Anordnungen das Anbringung von Kreuzen in Schulen zu gebieten.) Das neue Grundsatzprogramm von 1993 betont die Stellung Bayerns innerhalb des "Europa der Regionen" bei Ablehnung eines europäischen Bundesstaates sowie die "Bewahrung der Schöpfung" und distanziert sich von den Positionen der CDU zur "Ökologisierung" der Marktwirtschaft.

War die CSU ursprünglich die Partei der katholischen Bauern und Kleinunternehmer mit Schwerpunkten im ländlichen Raum, so stimmt diese Eingrenzung heute nicht mehr. Seit 1970 stieg vor allem der Anteil der Angestellten und Beamten unter den Parteimitgliedern wie unter den Wählern stark an; so ist z.B. heute der Beamtenanteil unter CSU-Mitgliedern fast doppelt so hoch wie in der erwerbstätigen Bevölkerung Bayerns. Wahlsoziologische Befunde weisen für die Wählerbasis der Partei ein vergleichbares Ergebnis aus: Während es der CSU gelang, ihre traditionelle Verwurzelung unter den Bauern und Kleinunternehmen zu bewahren, konnten zugleich auch große Teile der Angestellten und Beamten als Wähler gewonnen werden. Sogar unter den katholischen Arbeitern übertrifft häufig die konfessionelle Bindung die Schichtzugehörigkeit, was seinen Ausdruck in der Wahlentscheidung für die CSU findet.

Im Bundestagswahlkampf 1994 gelang es der CSU, gemäß der Maxime von T.Waigel, daß es rechts von der CSU in Bayern keine demokratische Partei geben dürfe, erfolgreich gegen den drohenden Verlust von Wählerstimmen auf der rechten Seite des politischen Spektrums, also vor allen Dingen an die Republikaner, zu kämpfen und das Wahlergebnis von 1990 knapp zu halten (51,2%).

Bei der Bundestagswahl 1998 erreichte die CDU 6,7 % der Zweitstimmen. Nach dem Wahlsieg Schröders und der SPD sitzt sie in der Opposition des Bundestages.

Im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes 2002 spielt die CSU und ihr Vorsitzender Edmund Stoiber als potenzieller Kanzlerkandidat der CDU/CSU eine wichtige Rolle. Für die CDU/CSU wird viel davon abhängen, mit welchem Kandidaten bzw. welcher Kandidatin sie in den Wahlkampf ziehen wird und mit welcher Geschlossenheit die Partei die Entscheidung mitträgt. Die Lücke, die Helmut Kohl in der Führung hinterlassen hat, scheint auch heute noch sehr groß, und den Schaden, den er der Partei durch die Spendenaffäre zugefügt hat, kratzt auch heute noch an ihrem Image. Zudem hat die CDU/CSU damit zu kämpfen, dass die Themen, die zu ihren ursprünglichen Kompetenzbereich gehören wie z. B. die innere Sicherheit und die Ausländerpolitik, durch die Politik der Bundesregierung in den Augen der Wähler/innen bereits zufriedenstellend besetzt sind. Die Wahlkampagne der CDU/CSU wird nur dann erfolgreich sein, wenn es ihr gelingt, von den Fehlern und Problemen der Regierungsparteien zu profitieren, z.B. in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

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