M 07.26 Freie Demokratische Partei (F.D.P.)
 


Die Freie Demokratische Partei wurde im Dezember 1948 in Heppenheim gegründet. Hier schlossen sich die liberalen Landesverbände aus den drei westlichen Besatzungszonen und Berlin zur F.D.P. zusammen. Erstmals wurde die Spaltung des liberalen Lagers in Deutschland überwunden. (In der Weimarer Republik und in der Kaiserzeit hatte es noch mehrere konkurrierende liberale Parteien gegeben.)

Eine besondere Position im Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland (mit Verhältniswahlsystem) nahm die F.D.P. in ihrer Rolle als "Mehrheitsbeschafferin" (notwendiger Partner bei der Regierungsbildung) ein, solange keine der großen Volksparteien (CDU/CSU und SPD) über eine absolute Mehrheit verfügte. Diese günstige Ausgangsposition wurde nur durch die absolute Mehrheit der CDU/CSU von 1957-1961 und durch die Koalition von CDU/CSU und SPD im Zeitraum von 1966-1969 durchbrochen. Die F.D.P. war somit seit 1949 mit Ausnahme von zwei Perioden an allen Regierungskoalitionen auf Bundesebene beteiligt. Dadurch übernahm die Partei zwar eine von den Wählern bisher honorierte Korrektivfunktion zwischen den beiden großen Parteien, mußte aber auch aufgrund ihrer jeweiligen Richtungswechsel den schwierigen, mit Verlusten verbundenen Austausch eines Teils ihrer Wählerklientel hinnehmen.

In der Wirtschaftspolitik war die F.D.P. in den 50er Jahren zunächst stark am Prinzip der reinen Marktwirtschaft orientiert, d.h. sie vertraute auf die Kräfte des Marktes und verzichtete auf soziale Gesichtspunkte. Zusammen mit der CDU/CSU unter Führung Adenauers leitete die F.D.P. in den fünfziger Jahren gegen den Widerstand der SPD das Bündnis mit den Westmächten ein. Die Bildung der großen Koalition 1966 zwang die F.D.P. in die Opposition. Unter dem neuen Parteivorsitzenden Walter Scheel näherte sich die F.D.P. der Sozialdemokratie an. Sie bildete 1969 die sozialliberale Regierung (Brandt/ Scheel) und begründete zusammen mit der SPD in den siebziger Jahren die neue Ostpolitik. Diese Wende wurde im Freiburger Programm von 1971, das unter dem Einfluß von W. Maihofer und K.H. Flach den "sozialen Liberalismus" und den sozialen Verpflichtungscharakter der Freiheit betont, auch programmatisch bestätigt.

Der marktwirtschaftliche Flügel der F.D.P. unter Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff gewann seit Mitte der siebziger Jahre wieder zunehmend an Einfluß und setzte sich gegen linksliberale Strömungen in der Partei durch. Es kam zu größeren Streitigkeiten mit dem Koalitionspartner SPD, vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, die zum Bruch der Koalition mit der SPD führten und seit 1982 zur neuen und derzeit noch bestehenden Regierungskoalition mit der Union. Nach der deutschen Vereinigung erfolgte 1990 der Zusammenschluß der F.D.P. West mit den liberalen Parteien Ostdeutschlands. Diese Parteivereinigung brachte der F.D.P. einen Großteil neuer Mitglieder ein (1990 ca. 130.000 allein im Osten), die sich jedoch inzwischen auf etwa 27.000 im Osten reduzierten. Die F.D.P. West hatte nie mehr als 86.000 und nun Ende 1995 82.100 Mitglieder im gesamten Bundesgebiet. Die Sach- und Geldvermögen der liberalen Ostparteien von geschätzten 100 Mio. DM konnten im Zuge eines Vergleichs nur zu 6,3 Mio. DM übernommen werden. Die F.D.P. hatte und hat weder eine sozialstrukturelle Verankerung in einer bestimmten Wählerschicht, noch kann sie auf Organisationen wie Gewerkschaften oder Kirchen bauen. In den fünfziger und z.T. bis in die achtziger Jahre hinein konnte die F.D.P. noch als Partei des protestantischen Mittelstandes gekennzeichnet werden. Heute verfügt die F.D.P. über keine stabile Stammwählerschaft. Die typische F.D.P.-Wählerschaft ist gut ausgebildet, einkommensstark (selbständig oder höherer Beamter/Angestellter) und hat eine verschwindend geringe Identifikation mit der Partei. Heute kommen die meisten Wähler der F.D.P. aus dem "neuen Mittelstand" (leitende Angestellte).

Nachdem ab 1987 schon erste Krisensymptome der Partei vor allem durch schlechte Landtagswahlergebnisse erkennbar wurden, verfestigte sich die Position der Partei nach der Wiedervereinigung zunächst (1990 mit 11% wie 1980 das drittbeste Bundestagswahlergebnis der F.D.P. überhaupt), bis sie dann 1993-95 aus einigen Landtagen gedrängt wurde. In dieser Zeit traten auch die personellen Probleme der Partei zutage. Vor allem der Rücktritt des populären und omnipräsenten Hans-Dietrich Genscher als Außenminister hinterließ eine "(Medien-)Lücke", die schwer zu füllen war (Klaus Kinkel wurde 1993 neuer Außenminister). Die Neubesetzung Günter Rexrodt als Wirtschaftsminister (1993) und der Rücktritt der liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Reaktion auf die Zustimmung der Parteimehrheit zum "großen Lauschangriff" (1996, ersetzt durch Edzard Schmidt-Jortzig) sind nur weitere Kennzeichen der Personalproblematik. Außerdem führte die Reduzierung der Ministerien zu einer Schwächung der F.D.P. innerhalb des Kabinetts, da sie nunmehr 3 von 17, anstatt 5 von 19 Minister stellt. Die Landtagswahlen 1996 zeigten eine bessere Tendenz auf und sorgten dafür, daß die F.D.P. nun (Mitte 1997) in vier Landtagen vertreten ist. Ihre Position als "dritte Kraft" hat sie allerdings bei vielen Wahlen angesichts der bundesweiten Erfolge der Grünen bzw. der PDS im Osten eingebüßt.

Das im Mai 1997 verabschiedete Programm steht u.a. für den Abbau des staatlichen Einflusses, fordert das Engagement des Einzelnen und den Abbau der Staatsverschuldung.

Bei der Bundestagswahl 1998 übertraf die FDP mit 6,2 % der Zweitstimmen deutlich die 5 %-Hürde. In den Wahlkampf 2002 zieht sie mit dem Ziel, so stark zu werden, dass eine Regierungsbildung ohne sie nicht möglich ist. Ihre "Strategie 18 %" lässt dabei offen, ob sie nach der Wahl mit der CDU/CSU oder mit der SPD koaliert. Die FDP setzt dabei vor allem auf die junge Generation und den Internet-Wahlkampf. Nach dem guten Abschneiden bei den Landtagswahlen in NRW (9,8 %, Zunahme um 5,8 %), Hamburg (5,1 %, Zunahme um 1,6 %) und zuletzt Berlin (9,9 %, Zunahme um 7,7 %) lässt die Partei sehr selbstbewusst auftreten.

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