Wahlprognose Wahlkreis 98 (Steinfurt II)
Ergebnis der Wahlprognose

Vom 25.8. bis zum 7.9 1998 führte der Kurs Informatik 10/2 der Städtischen Realschule Hörstel im Wahlkreis Steinfurt II (Nr. 098) eine Wählerbefragung durch. Als Ergebnis der Befragung wurde eine Wahlprognose für die Bundestagswahl am 27.9.1998 für den hiesigen Wahlkreis erstellt (Zweitstimmen).

Außerdem konnten mit dem umfangreichen Datenmaterial umfassende Analysen des Wählerverhaltens durchgeführt werden.

Allgemeines zu der Erhebung

Der Kurs Informatik 10/2 der Städt. Realschule Hörstel ist beteiligt an dem Projekt "Wahlanalyse und Wahlprognose", das unter der Leitung von PD Dr. Sander vom Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Münster unterstützt wird. Zusätzlich wird in Kooperation der Uni Münster mit der Bundeszentrale für politische Bildung ein Internet-Projekt zur Bundestagswahl redaktionell betreut. Neben anderen Schulen aus dem gesamten Bundesgebiet werden hier auch die Ergebnisse der Realschule Hörstel, die im Rahmen des Wahlprojektes entstanden sind, publiziert.

Von den ca. 225.000 Wahlberechtigten wurden per Zufallsprinzip 1.547 Personen telefonisch um die Beantwortung eines Fragenkatalogs gebeten. Der unterschiedliche proportionale Anteil von Wahlberechtigten der Gemeinden an der Gesamtzahl aller Wahlberechtigten im Wahlkreis wurde bei der Auswahl berücksichtigt. 519 Personen beantworteten schließlich im Telefoninterview den Fragebogen.

Zur Auswertung der Datensätze stellte die Uni Münster das Programm "GrafStat WIN" zur Verfügung. Die Bundeszentrale für Politische Bildung in Bonn unterstützte das Projekt durch die Bereitstellung didaktisch aufbereiteter Materialien und Anleitungen zum handlungsorientierten Computereinsatz im Politikunterricht. Vor der Auswertung wurde von den SchülerInnen nach Eingabe aller Datensätze eine Gewichtung entsprechend der Strukturdaten des Wahlkreises Steinfurt II hinsichtlich Geschlecht und Altersgruppe vorgenommen. Die Ergebnisse der Auswertung wurden schließlich grafisch sowie als Tabelle dargestellt und ihre wesentlichen Aussagen auch schriftlich festgehalten.

Die Prognose über den Ausgang der Bundestagswahl im Wahlkreis Steinfurt II (Zweitstimmen) war allerdings nur ein Aspekt der Wählerbefragung. Durch die Verknüpfung von Daten miteinander ergab sich eine Vielzahl weiterer interessanter Fakten zum politischen Verhalten Einzelner sowie sozialer Gruppen. Einige dieser Analysen sind hier ebenfalls dargestellt. Abschließend noch einige Anmerkungen zum Stellenwert der vorgelegten Prognose: Bei der Bewertung muss bedacht werden, dass eine kleine Gruppe von Jugendlichen- zwar mit viel Sorgfalt und noch mehr Engagement- mit bescheidenen Möglichkeiten erstmals eine solche Arbeit durchgeführt hat. Eine abschliessende politische Gewichtung der Ergebnisse konnte nicht geleistet werden, weil dazu sehr viel Erfahrung mit solchen Prognosen gehört. Meinungsforschungsinstitute hüten diese Methode wie ein "Betriebsgeheimnis".

Die üblichen Einschränkungen der "Profi-Meinungsforscher" gelten natürlich auch hier: Die Daten spiegeln die Meinung der Befragten zum Zeitpunkt der Umfrage wider, sie können sich auch in kurzer Zeit deutlich verändern. Komplizierte statistische Berechnungen wie etwa die Erstellung von Projektionen, die solche Einschränkungen ausgleichen können, waren uns nicht möglich. Bei all diesen Einschränkungen ist es u.E. nach trotzdem gelungen, eine verlässliche Prognose zu erstellen, die sehr nahe an das tatsächliche Ergebnis herankommen dürfte. Eine Fehlertoleranz in Zahlen zu nennen erscheint jedoch vermessen. Vergleichbare Studien der Universität Münster sowie anderer Schulen geben bei ihren Prognosen für die großen Parteien eine Genauigkeit von 2,5% und bei kleineren Parteien von 2% an.

Wahlabsicht
Wahlabsicht

77% der Befragten wollen "ganz bestimmt" wählen gehen. Für weitere 14% ist ihre Wahlteilnahme "wahrscheinlich". Nur 9% wollen "bestimmt nicht" oder "wahrscheinlich nicht" an der Wahl teilnehmen. Diese Antworten lassen auf eine Wahlbeteiligung von ca. 85 % schließen. Damit liegt sie leicht über der Wahlbeteiligung von 1994 (83,2%).

Anders stellt sich die Wahlbeteiligung dar, wenn nach Altersgruppen differenziert wird. Die Gruppe der 18-24jährigen will nur zu 67,3% "ganz bestimmt" wählen gehen, während der Anteil derjenigen Jungwählerinnen und Jungwähler, die "wahrscheinlich nicht" oder "bestimmt nicht" an der Wahl teilnehmen wollen, immerhin 13,5% beträgt.

Wichtigste Probleme

Frage: Aus einer vorgegebenen Liste mit sieben gesellschaftlichen Problemen sollten die Befragten die drei Probleme auswählen, deren Lösung ihrer Meinung nach am wichtigsten ist.

Als dringlichstes Problem sehen die Befragten mit 83% die Bekämpfung der "Arbeitslosigkeit". Die Sicherung der "Altersversorgung" folgt mit 62% an zweiter Stelle, als drittwichtigstes Problem nennen die Befragten mit 52% "Umweltschutz". Die Probleme "Gewalt gegen Ausländer", "Innere Sicherheit" und "Stabile Währung" werden jeweils von ca. 30% genannt und stellen somit für die Befragten ein weniger wichtiges Problem dar. Die "Folgeprobleme der deutschen Einheit" zu bewältigen, wird nur von 15% als dringend erachtet.

Koalitionspräferenz
Koalitionspräferenz

Frage: Falls bei der Bundestagswahl keine der Parteien die absolute Mehrheit gewinnt, welche Koalition würden Sie persönlich bevorzugen?

Von den verschiedenen denkbaren Zusammensetzungen der zukünftigen Bundesregierung erhält von den Befragten im Wahlkreis Steinfurt II eine Koalition aus SPD und B'90/Die Grünen mit 34% die größte Zustimmung. Eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD wünschen sich mit 33% fast ebenso viele Wähler. Die Fortsetzung der bestehenden Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP bevorzugen im Wahlkreis Steinfurt II 18% der Befragten. Alle anderen Konstellationen bewegen sich unter 7%.

Bundesvergleich: Infratest-Dimap ermittelte in der 37. KW: SPD und B'90/Die Grünen 24%, CDU/CSU und SPD 34%, CDU/CSU und FDP 13%. Eine differenzierte Betrachtung der Koalitionspräferenzen im Wahlkreis Steinfurt II, aufgeschlüsselt nach Wahlabsicht, zeigt, dass die Anhänger der CDU mit 42% für eine große Koalition gegen 37% für den Fortbestand der Regierungskoalition votieren. Die CDU-Wähler favorisieren im Wahlkreis Steinfurt II also die große Koalition mit der SPD. Noch deutlicher sprechen sich mit 67,7% die Anhänger der Grünen für eine Koalition mit der SPD aus. Diese rot-grüne Koalition wünschen sich 50,9% der SPD-Wähler, die aber immerhin mit 31,8% ebenfalls für eine große Koalition mit CDU/CSU stimmen.

Die Wähler der FDP bieten ein einheitliches Bild: 80% bevorzugen die Fortsetzung der bestehenden Regierungskoalition. Anhänger einer Ampelkoalition aus SPD/FDP/B'90/Die Grünen, der sozial-liberalen Koalition aus SPD und FDP sowie einer schwarz-grünen Koalition aus CDU/CSU und B'90/Die Grünen bleiben in allen Parteien jeweils unter 10%.

Erwarteter Wahlausgang
Wahlausgang

Frage: Wissen kann man das natürlich nicht, aber was glauben Sie, wie wird die Bundestagswahl ausgehen?

41,4% der Befragten gehen davon aus, dass nach vier vergeblichen Anläufen die Opposition diesmal den Regierungswechsel schafft. Die jetzige Regierungskoalition sehen im Wahlkreis Steinfurt II 29% der Befragten vorne. Für ca. 30% ist das Rennen allerdings noch völlig offen.

Bundesvergleich: Infratest-Dimap ermittelte in der 37. KW: SPD und B'90/Die Grünen 56%, CDU/CSU und FDP 29%.

Sonntagsfrage
Prognose

Frage: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, welcher Partei würden Sie dann ihre Stimme geben?

Die SPD erreicht mit 47,6% deutlich die Mehrheit vor der CDU mit 39%. Die FDP sackt auf 2,8% ab und erreicht im Wahlkreis Steinfurt II nicht einmal mehr die 5%-Hürde. Die Grünen erzielen mit 7,8% ein leichtes Plus und lösen die FDP als sog. "Dritte Kraft" ab. SPD und Grüne verfügen hier über eine komfortable Mehrheit.

Für alle Parteien setzt sich im Wahlkreis Steinfurt II die Entwicklung von 1990 über 1994 nun auch 1998 fort: SPD und Grüne legen zu, CDU und FDP verlieren Wähler. REP und PDS spielen im Wahlkreis Steinfurt II keine Rolle. Allerdings haben wir die Vermutung, dass sich die Wähler radikaler Parteien im direkten Gespräch bzw. Telefoninterviews nicht gerne "outen". Professionelle Umfragen machen ganz ähnliche Erfahrungen, verfügen aber über statistische Möglichkeiten, dieses Verhalten nachträglich auszugleichen. Der Anteil noch unentschlossener Wähler bzw. solcher Personen, die auf diese Frage nicht antworten wollten, liegt bei 15,7 %.

Es wurde zwar nach der Stimme für eine Partei gefragt, aber wir gehen davon aus, dass damit - vor allem bei der doch recht großen Differenz zwischen SPD und CDU - auch die Entscheidung über das Direktmandat in diesem Wahlkreis feststeht.

Bundesvergleich: Infratest-Dimap ermittelte in der 37. KW: SPD 42%, CDU 37%, FDP 5%, B'90/Die Grünen 7%, PDS 4%, REP+DVU 4%.

Parteipräferenz - Altersgruppe der 18- bis 24jährigen

Frage: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, welcher Partei würden Sie dann ihre Stimme geben? Frage: Zu welcher Altersgruppe gehören Sie?

Die beiden großen Parteien werden von den Jungwählerinnen und Jungwählern seltener gewählt als von allen anderen Altersgruppen. Besonders die CDU verliert hier recht deutlich (minus 8 Prozentpunkte). Die Grünen sind - gemessen an ihrem Gesamtergebnis - für diese Wählergruppe offensichtlich eine attraktive Alternative. Sie bekamen von den Jungwählerinnen und Jungwählern fast jede vierte Stimme. Die FDP spielt ebenso wie die REPs und die PDS keine Rolle. Wir bezeichnen dieses Wählerverhalten zwar als bemerkenswert, aber keineswegs spektakulär.

Parteipräferenz und Geschlecht

Frage: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, welcher Partei würden Sie dann ihre Stimme geben? Frage: Geschlecht

54% aller Frauen geben ihre Stimme der SPD. Von den Männern wählen zu gleichen Teilen je 42% SPD und CDU. Von den Frauen entscheiden sich nur 36% für die CDU. Die Grünen und vor allem die FDP werden bevorzugt von Männern gewählt. Der typische SPD-Wähler - wenn es ihn überhaupt gibt - ist jedenfalls eher eine Wählerin.

Parteipräferenz und Schulabschluss

Frage: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, welcher Partei würden Sie dann ihre Stimme geben? Frage: Welchen Schulabschluss haben Sie?

Lässt der Bildungsabschluss Rückschlüsse auf die Wahlentscheidung zu? Ja und nein. Nein, weil die beiden großen Parteien in etwa im gleichen Verhältnis von Wählern des jeweiligen Bildungsabschlusses ihre Stimmen bekamen. SPD-Wähler haben zu 37% Hauptschulabschluss (CDU 33%), zu 36% Realschulabschluss (CDU 37%) und zu 25% Abitur bzw. Fachabitur (CDU 27%). Ja, weil bei FDP mit 55% und Grünen mit 52% die Wählerschaft zu mehr als der Hälfte als Bildungsabschluss Abitur bzw. Fachabitur angibt. Die REPs werden ausschließlich von Haupt- und Realschülern gewählt. Die geringe Anzahl von Nennungen für die REPs relativiert allerdings für diese Partei das Diagramm.

Parteipräferenz und Konfession

Frage: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, welcher Partei würden Sie dann ihre Stimme geben? Frage: Konfession

"Die CDU ist die Partei der Katholiken." Wir wollten wissen, ob etwas daran ist. Nach Auswertung von Konfession und Parteipräferenz hat sich diese Vermutung nicht bestätigt. Vielmehr kann für den Wahlkreis Steinfurt II festgestellt werden, dass die SPD überwiegend die Partei der evangelischen Christen und von Bürgern ohne religiöse Bindung ist. Zwar ist die CDU mit 45% Stimmenanteil bei den Katholiken stärkste Partei, aber die SPD kann mit 41% fast gleichziehen. Die Grünen (7,8%) und die FDP (3,1%) erreichen bei den Katholiken fast genau den Anteil, den sie auch von allen Befragten bekamen. Von den evangelischen Christen entscheiden sich 58% für die SPD und nur 32% für die CDU. Während die Grünen mit 6,6% noch in ihrem Trend liegen, bleibt die FDP hier sogar unter 1%. Von den Befragten, die "keine religiöse Bindung" angaben, erhält die SPD genau drei Viertel (75%) der Stimmen. Die CDU wird von dieser Gruppe völlig ignoriert (keine einzige Nennung). Die Grünen (10,7%) und die FDP (7,1%) werden hier im Vergleich zu ihrem Gesamtergebnis überdurchschnittlich oft gewählt.

Politikinteresse

Wer interessiert sich überhaupt und in welchem Maße für Politik? Mittels des Kreuzvergleichs von Politikinteresse und Altersgruppen lässt sich ein differenziertes Bild dazu erstellen.

Während die beiden jüngsten Altersgruppen fast identische Angaben machen und ein durchschnittliches Interesse an Politik überwiegt (jeweils 60% "mittel", 15% bzw. 17% "sehr stark" und "stark") nimmt dieses Interesse bei den 35- bis 44jährigen bereits leicht zu (20% "sehr stark" und "stark", 67% "mittel"). Dieser Trend setzt sich dann sehr deutlich fort. Die über 60jährigen gaben ca. dreimal so oft an (43%), sich "sehr stark" bzw. "stark" für Politik zu interessieren wie die jüngsten Altersgruppen. Mit steigendem Alter nimmt auch das Interesse an Politik zu und auch das Desinteresse ab.

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