Schüler befragen Winni Nachtwei - Interviewbericht Der 56jährige Winni Nachtwei ist eines der Gründungsmitglieder der Grünen und erklärt seinen Eintritt in die Partei mit persönlichem Interesse für die Anti-AKW-Bewegung und die Friedensbewegung zu Anfang der 80er Jahre.
Haushaltskonsolidierung
Zu Beginn interessierten wir uns für seine Einstellung zur Haushaltskonsolidierung und zur allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Laut Herrn Nachtwei sei diese Konsolidierung ein absolutes Muss. Die letzten vier Jahre seien das beste Beispiel dafür, dass Reformen und Sparen unter einen Hut gebracht werden könnten. Wenn aber der Haushalt im Jahre 2004 ausgeglichen sein solle, dann müssten die Ausgaben allerdings noch weiter zurückgefahren werden. Zuletzt würde es jedoch wahrscheinlich auf ein Stabilhalten der Ausgaben hinauslaufen.
Als Grundsatz der Haushaltskonsolidierung führt er an, dass in allen Teilbereichen gleichmäßig gespart werden solle mit Ausnahme der Bereiche Bildung und Forschung. Im Bezug auf das schlechte Wirtschaftswachstum in Deutschland indiziert er als eine Ursache die starke Regulierung der Marktwirtschaft, des weiteren die daraus resultierende Zurückhaltung der Arbeitgeber und letztlich die Weltkonjunktur, da Deutschland ein exportabhängiges Land sei. Zwar würde sich eine Senkung der Steuern positiv auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland auswirken, aber gewisse staatliche Verpflichtungen könnten nur mit Hilfe dieser Steuereinnahmen verwirklicht werden, ohne die der Sozialstaat Deutschland zusammenbrechen würde. Hier wird deutlich, dass sich ‚Die Grünen‘ entschieden von der Position der FDP abgrenzen. Somit soll der Mittelstand primär durch Entbürokratisierung und nicht durch weitere Steuersenkungen entlastet werden.
Arbeitslosigkeit
Auf die Frage hin, wie man der hohen Arbeitslosigkeit entgegensteuern könnte, verwies Herr Nachtwei auf den neuen Wirtschaftssektor „Erneuerbare Energien“. Zunächst korrigierte er zwar die im Wahlkampfprogramm angegebene Zahl von 100.000 neugeschaffenen Arbeitsplätzen auf 30.000 nach unten, doch machte auch er deutlich, welche Chancen die Grünen sich von diesem Sektor erhoffen.
Durch die Förderung kleiner und mittelständiger Unternehmen in dieser Branche sieht er eine Chance Arbeitsplätze zu schaffen, da dieser Marktsektor ein großes Zukunftspotential im Hinblick auf Wachstum und Export aufweise. Laut Herrn Nachtwei finde nicht ausschließlich ein Transfer von Arbeitsplätzen statt, da die erneuerbaren Energien ein größeres Potential an Arbeitsplätzen hervorbrächten als die bislang verwendeten Energien. Zum weiteren Aufbau von Arbeitsplätzen wollen die Grünen die Lohnnebenkosten senken um personelle Einstellungen für Betriebe attraktiver zu gestalten. Diese Senkungen sollen unter anderem durch die Ökosteuer finanziert werden. Betriebe, die viel Energie brauchen und zu dem noch nicht erneuerbare Energien nutzen, sollen somit zu einem umweltbewussteren Umgang mit dieser erzogen werden. Auch Herr Nachtwei verteidigt folglich den Sinn der sehr umstrittenen Ökosteuer. Im großen und ganzen wollen die Grünen den Arbeitsmarkt und den allgemeinen Wirtschaftssektor flexibler gestalten, wobei jedoch die Bedürfnisse der Arbeitsnehmer nicht zu kurz kommen sollen. Mit anderen Worten versucht man also, Kompromisse statt Zwangsregelungen zu finden, um möglichst allen gerecht zu werden. Hinsichtlich der Strukturprobleme in den neuen Bundesländern und im Ruhrgebiet will man konkret auf die einzelnen Regionen eingehen, deren Stärken ausnutzen, um Konkurrenzfähigkeit zu gewährleisten.
Bildungspolitik
Beim Thema Bildungspolitik sprach Herrr Nachtwei hauptsächlich vom Ausbau der Chancen-gleichheit und der Aufstockung der Lehrkräfte, um individueller und besser fördern zu können. Schlechtere Schüler sollten nicht wie bisweilen einfach ‚nach unten durchgereicht’ werden, sondern man müsse ihnen gezielter und individueller helfen. Trotzdem solle auch die Begabtenförderung nicht zu kurz kommen.
Stadtwerke Münster
Daraufhin sprachen wir über den Bürgerentscheid über die Teilprivatisierung der Stadtwerke. Auch der Abgeordnete distanzierte sich ausdrücklich von den Teilprivatisierungsplänen. Zwar würde kurzfristig ein Verkauf erhebliche Einnahmen einbringen, jedoch wären Arbeitsplätze gefährdet und die Grundversorgungssicherheit, wie moderate Preise und die Umstellung auf erneuerbare Energien wäre nicht sichergestellt.
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Das Bündnis für Demokratie und Toleranz solle den Rechtsradikalismus nicht nur markieren, sondern es solle auch der Förderung demokratisch positiver Kräfte dienen. Dabei wolle man z.B. auf Zivilcourage setzen, die man in speziellen Kursen lernen und ausbauen könne. Nachtwei begeistert sich für die „Aktion Notausgang“, in der bestimmte Geschäfte gefährdeten Personen bei Verfolgung Zuflucht gewähren. Zwar glaubt er nicht, dass der Rechtsextremismus sich weiter ausweite, jedoch spricht er sich für ein Verbot der NPD aus, denn er sagt:“ Meinungsfreiheit hört da auf, wo versucht wird, die eigene Position kämpferisch gegen die Demokratie, den Staat und die Menschenrechte durchzusetzen.“
Drogenpolitik
Als letzter Punkt wurde die Drogenlegalisierung angesprochen, wobei sich Herr Nachtwei für die Legalisierung von den sogenannten „weichen Drogen“, wie Marihuana und Haschisch, ausspricht, da er nicht glaubt, dass diese als Einstiegsdrogen fungieren. Dadurch soll die Drogenkriminalität zurückgedrängt und den Opfern eine Resozialisation ermöglicht werden.
Simon Krüger, Gerrit Busse, Lea Goldstein, Sandra Pixken, Janina Volz, Celine Nawrat, Caroline Wittlinger
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