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Schüler erstellen Prognose durch Umfrage Münstersche Wähler nach Meinung gefragt
Münster (HDT) - Am 27. September wird's ernst - dann entscheidet das Volk über die neue Zusammensetzung des Bundestages. Doch schon in der nächsten Woche, vom 31. August bis 4. September (jeweils zwischen 17 und 19.30 Uhr), sollen nach dem Zufallsprinzip 2000 Münsteraner telefonisch - und natürlich streng anonym - um Auskunft gebeten werden, hinter welcher Partei sie auf dem Stimmzettel letztlich Kreuzchen plazieren wollen. Am anderen Ende der Leitung melden sich junge Pennäler (so greifen fast 600 von den insgesamt 710 Akteuren zum Hörer), die das Meinungsbild im Rahmen eines breit gestreuten Gemeinschaftsprojekts zusammentragen. Daran beteiligt sind der Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität, das Schulamt der Stadt, die Münstersche Zeitung, die Gymnasien Annette, Hittorf, St. Mauritz, Kardinal-von-Galen, Kant und Kinderhaus, darüber hinaus die Realschulen Roxel, Hiltrup, Geschwister-Scholl sowie die Realschule im Kreuzviertel.
Zentrales Ziel der Erhebung: "Wir möchten", betont Privatdozent Dr. Wolfgang Sander den wissenschaftlichen Anspruch der Reihe", eine repräsentative Befragung im hiesigen Wahlkreis 99 durchführen, möglichst genaue Prognosen abgeben, überdies nähere Analysen zum Wählerverhalten anfertigen."
Um im Dialog mit ihrem Gegenüber bestehen zu können, bereiteten sich die jungen Wahlforscher in den vergangenen Tagen durch gezieltes Rollentraining auf den Interviewer-Job vor. Traten sie anfangs noch ein wenig unsicher auf, verschafften ihnen die simulierten Ernst-Situationen zunehmend Souveränität. Klar, daß die zu erwartenden, unterschiedlichen Reaktionsweisen der Bürger mehr als einmal nachgespielt - und später ausgewertet wurden, wobei wiederum Pädagogik-Studenten mit Rat und Tat halfen.
Angesichts der emsigen Vorarbeit erhoffen sich nunmehr die Schüler und Schülerinnen bei ihren Anrufen kräftige Unterstützung. Weitere Informationen sind entweder in den Sekretariaten der einzelnen Bildungseinrichtungen oder im Büro von Dr. Sander 0251/832 42 19) erhältlich. Die Ergebnisse des computergestützten Daten-Checks, schon '94 durch eine ähnliche Untersuchung erfolgreich abgeschlossen worden, sind dann in Kürze an dieser Stelle nachlesbar.
(aus: Münstersche Zeitung vom 19.08.1998)
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Gutenberg-Realschule präsentiert Umfage-Ergebnis Markante Unterschiede beim Wahlverhalten der Deutschen
Hiltrup (TET) - Eine Telefonumfrage zum Wahlverhalten führte der Kurs Sozialwissenschaften der Jahrgangsstufe 10 der Johannes-Gutenberg-Realschule in der vergangenen Woche durch. Unter der Leitung von Kurslehrerin Hannelie Khodaverdi-Weinand befragten die Schüler je zwölf Personen, von denen sich die meisten den rund 25 Fragen der Anrufer stellten. Die Ergebnisse wurden anschließend der Universität übermittelt und dort mit den Umfrageergebnisen anderer münsterscher Schulen verrechnet. Insgesamt 2000 Personen waren im Rahmen des Schulprojektes befragt worden. Um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen, wurden letzlich 1063 Fragebögen ausgewertet. Wer wählt wen? Die gesammelten Daten, aufgeschlüsselt nach Bildungsgrad, Alter, Geschlecht und konfessioneller Bindung der Wähler, geben Auskunft auf diese Fragen.
Dabei ergeben sich zum Teil markante Unterschiede im Wahlverhalten: So wählen Männer mit Hauptschulabschluß zu 55,1 Prozent die SPD und 5,8 Prozent favorisieren die Republikaner. Wahlberechtigte Abiturientinnen stimmen zu 23,9 Prozent für Bündnis 90 /Die Grünen, die damit knapp hinter CDU (29,3) und SPD (39,8) auf dem dritten Rang liegen. Den höchsten Anteil der Wähler ohne Schulabschluß verzeichnen die Republikaner, während B90/ Die Grünen den höchsten Anteil der Wähler mit Abitur vorweisen. Die CDU hält in Münster derzeit bei Männern mit Realschulabschluß die Spitzenposition (39 Prozent) - sonst erhält die SPD stets den Vorzug. Auffallend ist weiterhin, daß 38,2 Prozent der Jungwählerschaft noch unentschieden sind, wem sie am 27. Diesen Monats ihre Stimme geben sollen. Unter den Wählern der rechtsextremen Parteien ist der Anteil derjenigen, die sich als "nicht religiös gebunden" bezeichnen besonders hoch. Das trifft auf 55,6 Prozent der REP-Wähler und 41,7 Prozent der DVU-Sympathisanten zu. CDU und FDP werden zu gleichen Teilen von Männern und Frauen gewählt, die PDS hingegen verfügt bei Frauen über ein deutlich größeres Wählerpotential als bei Männern - dasselbe gilt für die Grünen. REP-Wähler sind überwiegend Männer, die DVU wird sogar ausschließlich von Männern favorisiert. Der Umfrage zufolge werden in Münster jedoch diese Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Sämtliche Umfrageergebnisse sind derzeit im Foyer der Realschule ausgestellt und können dort in Augenschein genommen werden.
(aus: Münstersche Zeitung vom 19.9.1998)
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Vier Bundestagsmitglieder auf dem Podium
Hiltrups Schülerschaft stellte bohrende Fragen
Hiltrup - Von wegen unpolitische Jugend: Teilweise recht bohrende Fragen mußten sich gestern die Bundestagsmitglieder Jürgen W. Möllemann (FDP), Ruprecht Polenz (CDU), Wolf-Michael Catenhusen und Winni Nachtwei für die Grünen im großen Saal der Stadthalle stellen. In einer lebhaften und engagiert geführten Debatte, die von den Schülern Anna Spöhring und Michael Kerkmann geleitet wurde, stellten die Politiker den Oberstufenschülern des Immanuel-Kant- und des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums die Zielsetzungen ihrer Politik vor.
Zum Auftakt der Veranstaltung im Vorfeld der Bundestagswahl interessierten sich die Gymnasiasten für die Finanzierung der Arbeitsplätze. Catenhusen votierte dabei mit Blick auf die Ausbildungsplätze für den von der SPD geforderten Lastenausgleich zwischen Großunternehmen und Kleinbetrieben. Die Finanzierungszange anders ansetzen möchte - laut Polenz - die CDU: "Drei von fünf arbeitslosen Jugendlichen haben keine abgeschlossene Ausbildung", meinte der CDU-Kandidat. Ein Programm zum Nachholen einer Qualifikation müsse her - "wir sind gegen die Ausbildungsplatzabgabe, weil wir auf Freiwilligkeit setzen". Ähnlich wie Catenhusen setzte Nachtwei auf das Umlageverfahren: "Da immer mehr Großunternehmen immer weniger Ausbildungsplätze bieten, sollte die Abgabe an Firmen und Betriebe gehen, die vermehrt ausbilden", klärte er über das Konzept auf. Einen ganz anderen Ansatz suchen - so Möllemann - die Liberalen: " Berufsschle muß auf Fachtheorie beschränkt werden. Für Sport und Religion können sich 17 jährige auch allein engagieren. Dann bliebe mehr Zeit für die praktische Ausbildung."
Lauten Beifall gab´s für die liberale Forderung, mehr Lehrer einzustellen, damit weniger Unterricht ausfällt. Außerdem sei die FDP ebenfalls gegen die Zwangsabgabe.
Zeitweise sehr temperamentvoll verlief die Debatte zur Senkung der Lohnnebenkosten. Vorstellungen wie "Stärkere Zuschüsse durch höhere Besteuerung von Benzin" (SPD) und eine "Ökosteuer" (GAL) wollte einmal mehr Möllemann ebenfalls nicht folgen. Bemerkungen wie "Wir sind doch kein Verschiebebahnhof" und "Wer fünf Mark für den Liter Benzin fordert, muß nicht mehr richtig tikken" heizten die Stimmung an. Während Nachtwei afür plädierte, die Benzin- den Bahnpreisen anzugleichen und "unsinnige Subventionen wie etwa Flugbenzin" zu streichen, will Möllemann radikale Einschnitte beim Gesundheitswesen. Er wünsche sich einen "Wettbewerb zwischen den Krankenkassen" und eine Finanzierung der Krankenhäuser durch Fallpauschalen statt durch Tagegeld. Ruprecht Polenz dagegen mußte sich die scharfe Nachfrage nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer gefallen lassen. Die Antwort fiel vieldeutig aus: "Zur Finanzierung der geplanten Netto-Steuer-Entlastung in Höhe von 30 Milliarden Mark wird es keine Mehrwertsteuererhöhung geben. Auch Winni Nachtwei sah sich mit fundierten Fragen konfrontiert - werde das Flugbenzin teurer, steige doch wohl auch der Preis für den Urlaub, den sich dann kaum noch jemand leisten könne, wollten die Schüler wissen. Das mache "pro Nase nur ein paar Mark aus" und "wie läßt sich denn die Privilegierung von Flugreisen begründen?" hörten die rund 600 Gymnasiasten als Antwort.
Mehr und mehr trauten sich dann die Hiltruper, ihre kritischen Fragen an den Mann zu bringen. So bescherte die Veranstaltung der Schülerschaft nicht nur ein gelebtes Stück Demokratie, sondern dürfte bei einigen Abiturienten auch zur Entscheidungsfindung für die Wahl am kommenden Sonntag gedient haben.
(Wolfram Linkes in: Münstersche Zeitung vom 22.9.1998)
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Kant-Wahlprojekt: Ergebnis-Präsentation und Kabarett
Schallendes Gelächter bei der Diskussion vor der Diskussion
Hiltrup (JAN) - "Das ist unser Highlight", betonte Hans Kröger, Lehrer am Hiltruper Immanuel-Kant-Gymnasium. Er meinte damit die Präsentation der Ergebnisse des viertägigen Wahlprojekts der Kant-Elftkläßler, das er organisiert hatte (die MZ berichtete). Gestern wurden die Projekt-Resultate im Foyer der Hiltruper Stadthalle gezeigt.
500 Oberstufenschüler des Kant- und des Kardinal-von-Galen Gymnasiums drängten sich vor den Stellwänden, wo eine Wahlprognose, Analysen von Wahlprogrammen oder auch Schaubilder zum Jungwähler-Verhalten zu sehen waren. Zudem konnte man auf einem Bildschirm Wahl-Spots der Parteien bewundern und anschließend deren Auswertung, die eine Projektgruppe erarbeitet hatte, nachlesen. Weiterhin hatte ein Schüler mit Zeitungsartikeln dokumentiert, wie in seinem Heimatland Türkei über die Bundestagswahl berichtet wird. Organisator der Präsentation, zu der auch eine Diskussion münsterscher Bundestagsabgeordneter zählte (siehe Bericht auf dieser Seite), war Norbert Schämann. Auch die Schüler Michael Kerkmann und Tobias Häusler sorgten für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung.
An den Türen zum Saal der Stadthalle konnten die Schüler in ihrer eigenen "Wahl" Stimmzettel abgeben. Das Resultat wird bei der Kant-Wahlparty am Sonntag bekanntgegeben.
Im Vorfeld der Podiumsdiskussion der Bundestagsabgeordneten fand dann im Saal eine von Kant-Lehrerin Marie-Luise Brakowsky mit Schülern einstudierte kabarettistische Diskussionsrunde statt, an der die 500 Pennäler johlend Anteil nahmen. Unter der Moderation von Sabine Heidecke durften ein müder Herr Häuble (CDU, Frederick Kreuzer), ein eifriger Herr Salm (FDP, Christoph Angenendt), ein patziger Herr Frisch (Bündnis 90/Die Grünen, Gerrit Neuhaus) und ein schlapper Herr Dr.Scharp (SPD, Volker Stein) dann auf die Fragen von "Erstwählerin Birte Meier" (Janina Schenke) eingehen. Die "Politiker" sagten dabei, was sie in solchen Runden immer so sagen, kriegten sich wie gewohnt in die Wolle und Wählerin Birte fand es erstmal "voll geil, hier zu sitzen", schaltete sich vor lauter Aufregung versehentlich ihr Mikro aus und grüßte zum Schluß noch "ihren Manni". Schallendes Gelächter und großer Applaus belohnten die Nachwuchs-Kabarettisten.
Dann begann am selben Tisch, aber mit neuen Namensschildern, die echte Podiumsdiskussion...
(aus: Münstersche Zeitung vom 22. 9.1998)
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Wahlprojekt: Annette-Schüler besuchten Abgeordnete in Bonn "Wider Erwarten interessant"
Münster (BFB) - Jugendliche erforschten vor dem 27.September in einem Kooperationsprojekt zwischen dem Uni-Fachbereich Erziehungswissenschaften, zehn Schulen und der Münsterschen Zeitung nicht nur die politischen Präferenzen des Wählers in der Domstadt (MZ berichtete). Sie machten sich auch auf den Weg nach Bonn an den Arbeitsplatz der münsterschen Bundestagsabgeordneten.
Eine Stunde lang hörten sie zunächst auf der Tribüne im Bundestag die Reden von Theo Waigel und Oskar Lafontaine zum Haushalt 1998. "Wir fanden es erstanlich, daß ein Großteil der Abgeordneten nicht anwesend Waren, aber später erfuhren wir die Gründe (Ausschußsitzungen, Ältestenrat, Gespräche mit Verbänden)", schreibt der SoWi-Grundkurs des Annette-Gymnasiums, Jahrgangsstufe 11, in seinem Schlußbericht. Und Lisa Hesse, Til Jobst, Friederike Barthel und carolin Walter vom Kurs 2 meinen einhellig: "Uns wurde schnell klar, daß es hier viel mehr um Wahlkampf als um die Haushaltsdebatte ging. Die Zeit war viel zu kurz, denn wider Erwarten war es total interessant."
Der nächste Abstecher führte in die Büros der Abgeordneten mit Wohnsitz Münster. Vorgeschaltet war eine Podiumsdiskussion mit allen vier Kandidaten für die Bundestagswahl 1998.
Die jungen Leute kehrten mit unterschiedlichsten Erfahrungen und Gefühlen wieder. Manches (Vor-) Urteil wurde revidiert, mancher Eindruck bestätigte sich. Sara Rüschenschmidt, Ines Schäper und Stephanie Heeß vom SoWi-Kurs 1 schreiben nach ihrer Begegnung mit Ruprecht Polenz (CDU): "Auf die Frage, welche Stellung er zu Helmut Kohl vertrete, meinte er, daß dieser zum einen ein Kanzler ohne Skandale sei, zumanderen eine besondere Person, die viel Positives geleistet hat, wie zum Beispiel die Wiedervereinigung. Auf die Frage wie er zu seiner Partei stehe, gab er zu, daß er selbst nur in 60 bis 70 Prozent mit den Mehrheitsbeschlüssen übereinstimme. So hätte er zum Beispiel gut gefunden, wenn Ausländer die doppelte Staatsangehörigkeit bekommen hätten, die in Deutschland geboren werden bis zum 18. Lebensjahr. Als Fazit muß man sagen, daß Ruprecht Polenz sehr engagiert in seinem Wahlkreis ist und versucht, soziale Probleme zu lösen. Auf Probleme, wie das Drogenproblem, wußte er nicht, wie er eine Lösung in die Tat umsetzen sollte und sah die Lage etwas zu optimistisch."
Bei Wolf-Michael Catenhusen (SPD) erfuhr der SoWi-Grundkursus, wie das Bonner Büro organisiert ist. Fachreferentinnen weihten die Jugendlichen in die Abläufe der Fraktionsarbeit und in die Aufgaben Catenhusens als parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Mitglied des Ältestenrates und in diversen Ausschüssen ein. Auch konkrete Fälle kamen zur Sprache wie der einer Familie aus Münster, die abgeschoben werden soll. "Wir haben erkannt, daß Herr Catenhusen ein vielbeschäftigter Mann ist, der täglich von 7 Uhr bis nach 20 Uhr arbeitet. Er war sehr freundlich und zuvorkommend, er hat uns vieles erklärt, immer wieder Hintergründe erläutert und uns sogar bei der Besprechung mit einbezogen."
Daß die politische Arbeit kein Zuckerschlecken ist erfuhren Johannes Kumpf, Nils Goldstein und Anna Dziedzioch und ihr SoWi-Kursus auch bei Winfried Nachtwei von den Bündnisgrünen. Er erklärte anhand eines normalen Tagesablaufes, der um 6.27 Uhr mit der Zugfahrt von Münster nach Bonn beginnt und um 20 Uhr mit einem Rathaus-Gespräch in Münster endet. "Dazu erklärte Herr Nachtwei, daß man sehr flexibel und tolerant in diesem Beruf sein muß. Bei diesem vollen Terminkalender bleibt natürlich nur wenig Zeit für die Familie und Freizeit. Dies kommt daher, daß freie Tage oft noch mit Interviews und anderen Terminen belegt sind. Deshalb lebt Herr Nachtwei nur zu 1/3 in Münster, zu 1/3 in Bonn und zu 1/3 ist er bei Tagungen im Ausland."
Auf eine persönliche Führung durch Jürgen W. Möllemann (FDP) mußten die Schüler verzichten. Er war verhindert. Seinen Part übernahm Referent Dr. Thomas Bahr, zur vollsten Zufriedenheit der Jugendlichen. "Es war ein sehr schöner Tag, was wir nicht zuletzt auch Thomas Bahr verdanken." Der hatte die Schüler/innen in die Kantine des Thomas-Dehler-Hauses eingeladen und bei einem Mittagessen unterhielt man sich über die Politik. "Er fragte, was für Themen uns Jugendliche ansprechen und ob wir uns von den Politikern vernachlässigt fühlten. So kamen wir auf das Thema Zukunft zu sprechen." Bahr zeigte noch die wichtigsten Gebäude wie das Pressehaus und den langen Eugen. Im Möllemann- Büro "stellten wir fest, daß dieses ziemlich dürftig eingerichtet war, was unseren Vorstellungen widersprach. Dort überreichte Thomas uns auch ein Präsent vom Chef."
(aus: Münstersche Zeitung vom 22.9.1998)
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Wahlanalyse und Wahlprognose: Interview mit Projektleiter Dr. W. Sander "Eine tolle Leistung der Jugendlichen"
Münster - Zum Kooperationsprojekt "Wahlanalyse und Wahlprognose" zur Bundestagswahl ´98 führte die Münstersche Zeitung ein Interview mit Projektleiter Dr. Wolfgang Sander, dem Leiter vom Fachbereich Erziehungswissenschaft der Uni Münster.
MZ: An dem Projekt nahmen 600 Schüler/innen, 20 Klasse und zehn Schulen teil. Die Schüler haben die Wählerbefragung durchgeführt und an der Prognose für den Wahlkreis Münster mitgearbeitet. Wie ist es zu diesem bundesweit einmaligen Einsatz der Schüler gekommen, denen man doch Politikverdrossenheit nachsagt?
Wolfgang Sander: Es ist dem Engagement der Lehrer und Schüler zu verdanken, daß die Kooperation so erfolgreich verlaufen ist. Sie haben die Idee aufgegriffen, Jugendliche als Wahlforscher tätig werden zu lassen und ihnen vorher das nötige Wissen zu vermitteln. 2000 Telefoninterviews durchzuführen, die Daten korrekt einzugeben und unter Beachtung der Regeln der Zunft auszuwerten ist eine tolle Leistung. Auf dieser Datenbasis können die Schüler nun selbständig die Wahlprognose für den Wahlkreis Münster erstellen und weitere Analysen zum Wählerverhalten durchführen. Sie sehen,wenn Jugendliche eine Mitwirkungschance erhalten, machen sie begeistert mit. Die Projektgruppe an der Universität hat für die Arbeit der Schulen in Paket gut aufeinander abgstimmter "Werkzeuge" zur Verfügung gestellt: didaktische Planungsvorschläge, Arbeitsmaterialien und Software.
MZ: Wann haben Sie die Projektidee erstmals umgesetzt und haben die von den Schülern erstellten Prognosen dann auch gestimmt?
Sander: Zur NRW-Landtagswahl 1985 konnte ich erstmals einen Lehrer und eine Klasse des Hittorf-Gymnasiums gewinnen. Seitdem wird das Projekt regelmäßig durchgeführt. Die Ergebnisse waren recht genau. Bei der letzten Bundestagswahl, die zusammen mit der Kommunalwahl stattfand, haben die Zahlen den Trend richtig erfaßt. Die Ergebnisse lassen sich mit denen der Profis durchaus messen.
MZ: Wie beurteilen Sie die für die Bundestagswahl erstellte Prognose? Die Regierungskoalition würde demnach ja starke Verluste hinnehmen müssen? Lassen sich bundesweite Konsequenten daraus ziehen?
Sander: Die Befragung wurde diesmal vier Wochen vor dem Wahltag durchgeführt, um den Schulen für die selbständige Analyse mehr Zeit einzuräumen. In den anderen Jahren sind wir bis auf 14 Tage an den Wahltag herangekommen, was für eine Prognose günstiger ist. Vier Wochen sind im Wahlkampf eine lange Zeit. So haben wir die Auswirkungen der Landtagswahl in Bayern nicht mitbekommen, aber auch die Äußerungen der Ministerin Nolte zur Mehrwertsteuererhöhung nicht. Unter sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten haben die Schüler gute Arbeit geleistet. Zunächst lassen die Daten nur lokale Trends erkennen: Rückgang der Bindungen an die Parteien; Anstieg des Anteils der Unentschlossenen und Wechselwähler; Rückgang der Stimmen für die CDU und FDP; Stimmengewinne bei der SPD; unklare Situation bei Bündnis 90/Die Grünen. Wenn sich die politische Großwetterlage nicht plötzlich ändert, dürften diese in Münster erkennbare Trends, auf den Bund übertragen - die knappe Mehrheit Regierungskoalition gefährden. Zu welcher neuen Koalition das führt, das dürfte die spannende Frage am Wahlabend sein.
MZ: Was halten die Schüler vom Projekt? Es scheint ja mit einiger Arbeit verbunden zu sein.
Sander: Das ist richtig. Die Jugendlichen sind aber gerne bereit, diese Mehrarbeit zu erbringen, da sie den Sinn einsehen und daran interessiert sind, eine Prognose zu erstellen und das beabsichtigte Wählerverhalten näher zu analysieren. Die Faszination, die von diesem Unterrichskonzept des "forschenden Lernens" ausgeht, ist nicht zu übersehen, wie die Lehrer immer wieder bestätigen. Außerdem wird die Distanz zur großen Politik so überwunden, denn Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit dem politischen Geschehen vor Ort und sehen sich und ihre Ergebnisse beachtet und gefragt, denn neben der Wähler-Befragung werden vielfältige Aktivitäten durchgeführt, über die die Jugendlichen in der schulischen und außerschulischen Öffentlichkeit berichten.
MZ: Wo wird, abgesehen von unserer Berichterstattung noch darüber berichtet?
Sander: Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden im Internet veröffentlicht unter der Adresse "wahlen98.bpb.de/unterricht/prognose/ (hier: Schulprojekte und dann eine Schule aus dem Wahlkreis Münster (99) anwählen). Die bundesweiten Aktivitäten von Schulen lassen sich über diese Adressen verfolgen, Münsters Schulen nehmen eine Vorreiterrolle ein.
(aus: Münstersche Zeitung vom 22.9.1998)
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Wahlanalyse der Schulen kam Endergebnissen recht nahe Prognose auf hohem Niveau
Münster (HDT) - Lob aus berufenem Mund: "Die Jugendlichen haben eine mustergültige Prognose erstellt", betonte Erziehungswissenschaftler Dr. Wolfgang Sander, "sie kann sich mit den Aussagen professioneller Forschungsinstitute durchaus messen lassen." Nach Ansicht des Privatdozenten - unter seiner Regie stand die u. a. von zehn hiesigen Bildungseinrichtungen sowie von unserer Zeitung unterstützte Unterrichtsreihe zur Bundestagswahl ‘98 - offenbarte das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt ein hohes Niveau.
Da waren Ende August / Anfang September rund 2000 Bürger von den Schülern per Telefon interviewt worden, hinter welcher Partei sie am 27. September ihr Kreuzchen setzen wollten. Fazit: Die vorgenommene Analyse für Münster spiegelte das am Sonntag abend erzielte Endergebniss in wesentlichen Punkten wider.
So stiegen die Sozialdemokraten - wie richtig prophezeit - zur stärksten Kraft am Orte auf, konnten die CDU übertrumpfen. Auch die Verluste auf Seiten der Union sagten die Nachwuchs-Demoskopen voraus: der von ihnen angekündigte (Zweit-) Stimmenrückgang auf 36,0 Prozent reichte nahe an das tatsächliche Resultat von 35,1 Prozent heran. In der begleitenden Interpretation zu dem erhaltenen Datenmaterial las sich wie folgt: "Die CDU setzt ihren bundesweit beobachtbaren Abwärtstrend seit der Regierungsübernahme in Bonn (1983 in Münster: 47,2 Prozent) auch im Wahlkreis 99 fort und bewegt sich damit auf das Negativergebnis von 1949 (34,3 Prozent) zu.
"Weitere Volltreffer verzeichneten die Pennäler bei ihren Werten für die Grünen, denen sie 13,7 Prozent zubilligten (real: 13,6 Prozent) sowie für die PDS, welche man im Bereich von 1 Prozent handelte (1,5 Prozent). Was die Koalitionspräferenz anbelangt, hatte sich die Bevölkerung laut Umfrage mehrheitlich eine Verbindung von SPD und Grünen gewünscht. Diese Allianz beginnt sich seit gestern in Bonn herauszukristalisieren.
(aus: Münstersche Zeitung vom 29.09.1998)
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Münstersche Zeitung MZ Kontakt: Claus-Jürgen Spitzer claus-j.spitzer@medienhaus-lensing.de
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