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Text:
Einheitliche Kleidung in der Schule? - (Spontanurteile) (nach
oben)
Die hier dargestellten Spontanurteile sind aus
einem Diskussionsforum der Zeitschrift Chrismon. Natürlich
ist vorstellbar, dass solche Urteile Schüler und Schülerinnen
formuliert haben.
Spontanurteil 1:
[
] Ich halte einheitliche Schulkleidung für
eine sehr gute Idee. Soziale Unterschiede würden nicht in der
Schule schon durch die Kleidung sichtbar, aber die Zugehörigkeit
zu einer bestimmten Schulgemeinschaft würde betont, auf eine
Weise ausgedrückt, die sehr einleuchtend ist für die Jugendlichen.
Spontanurteil 2:
[
] Ich habe als Schüler Schuluniform getragen
und es nicht gemocht. Nichts war wichtiger, als die Einheitskluft
noch auf dem Heimweg loszuwerden oder zumindest zu verändern.
Meine Kinder haben als Gastschülerinnen Schulen mit Uniform-Pflicht
besucht. Praktisch alle Schüler dort haben sich so verhalten,
wie ich es aus der eigenen Schulzeit in Erinnerung hatte: möglichst
weg von der Schuluniform und beständiger hinhaltender Widerstand
durch kleine Regelverstöße.
Es widerspricht m. E. der Natur des Menschen, sich
nicht zu unterscheiden. Eine Erziehung zu Gemeinsamkeit MIT den
akzeptierten(!) Unterschieden ist m. E. wichtiger/richtiger.
(Quelle: Chrismon:
Einheitliche Kleidung in der Schule. Das meinen unsere Leserinnen
und Leser zum Thema, http://www.chrismon.de/foren/0508-gs.html,
abgerufen am 03.11.2006.)
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Streitgespräch
(nach oben) Transkript vom 13. September 2006:
Urteilsbildungsprozess zum Thema "Einführung
von Schuluniformen"
Sander:
Die Auseinandersetzung um die Frage, ob nun Schuluniformen eingeführt
werden sollen, hat an Aktualität gewonnen, weil im Lande NRW im Schulgesetz
es vorgesehen ist, dass Schulen darüber entscheiden können.
Es wird also nicht von der Landesregierung vorgeschrieben, ob Schuluniformen
eingeführt werden, sondern Schulen haben Gestaltungsspielraum. Nun
gibt es dazu verschiedene Auffassungen, und jeder soll einmal spontan
sein Urteil nennen sicherlich mit Stärken und Schwächen, aber
M. hat sich sicherlich schon einige Gedanken dazu gemacht. Ich bin gespannt
zu hören, welche Position sie hier vertritt und wie sie sie begründet.
M.:
Mein spontanes Urteil fällt gegen die Einführung von
Schuluniformen aus, weil ich denke, dass sie die Schüler in ihrer
Individualität stark einschränken würde.
Sander:
Prima. Meine Position wird die sein, dass ich deutlich mache,
dass es Sinn macht, Schuluniformen einzuführen, denn aus dem Freundes-
und Bekanntenkreis höre ich immer wieder, dass gerade die Mädchen
in einem bestimmten Alter sehr viel auf Kledage Wert legen, und Modekleidung
kann sich aber nicht jede Familie erlauben, und hier fängt im bestimmten
Alter vielleicht nicht Jahrgangsstufe 5, aber vielleicht so 7, 8, 9
an, dass Achten auf Edeloutfit eine große Rolle spielt, und das
würde durch die Einführung von Schuluniformen einfach überwunden,
weil jeder im Grund genommen eine Uniform anzieht, die eine gewisse Einheitlichkeit
zwar erzeugt, aber auch das Thema dann beseitigt. Außerdem kann
man sich dann auf das Wesentliche in der Schule konzentrieren und muss
nicht ständig darauf achten, ob man den neuesten Chic dann dort zur
Schau trägt.
M.:
Ich denke, dass man das daran allein nicht festmachen kann, denn
dann könnten andere Probleme auftreten wie zum Beispiel, dass die
Kinder von reicheren Leuten neue Uniformen bekommen und besser ausgestattet
sind und dass die weniger gut situierten Familien gebrauchte Uniformen
oder Second-Hand-Ware kaufen müssen, und dann sieht man wieder den
Unterschied an den Kindern, die verschlissene Kleidung tragen und an denen,
die immer zu jedem Schuljahr in nigelnagelneuer Uniform daherkommen.
Sander:
Gut, das kann man sicherlich nicht ausschließen, aber das
Argument der Individualität muss ja nicht gerade sich an der Schuluniform
oder an dem Tragen von Sachen festmachen. Ich glaube, dass die Entwicklung
der Kinder und Jugendlichen begünstigt wird, wenn es eben nicht auf
diese Durchsetzung von Vermarktungsstrategien hinausläuft, denen
dann die Schule sich öffnen muss. Es wäre was anderes, wenn
zum Beispiel das Tragen von Markensachen in der Schule frühzeitig
thematisiert wird. Wenn es schon im bestimmten Alter stattgefunden hat,
dann ist es ja meistens zu spät. Außerdem müsste man dann
mit den Eltern darüber sprechen, denn die Eltern unterstützen
dieses Bestreben der Kinder ja dann auch teilweise, und die müssten
das dann eindämmen. Außerdem verlagert sich doch zunehmend
die ganze Problematik dann doch auf Bereiche, die nichts mehr mit Schule
zu tun haben. Denn ich lege Wert darauf, dass Schule sich doch auf die
Kernaufgabe konzentrieren soll, nämlich Vermittlung von wichtigen
Inhalten, methodischen Kenntnissen, systematischer Umgang mit Wissen und
Fähigkeiten im Umgang mit neuen Medien zum Beispiel, und dieses andere
ist aus meiner Sicht eher Ablenkungsmanöver.
M.:
Aber die Kleidung ist auch nicht das Einzige, worin sich so etwas
manifestieren kann. Zum Beispiel kriegen die Jugendlichen und Kinder ja
auch durch die Medien immer wieder Markenprodukte vermittelt, und es ist
einfach so, dass ein Konkurrenzdruck herrscht in der Schule, und wenn
er bei der Kleidung nicht mehr ausgetragen werden kann, dann wäre
es vielleicht auch denkbar, dass es sich in anderen Sachen zeigt wie zum
Beispiel Mobiltelefonen oder MP3-Player und dann wird da ein Vergleich
angestellt, wer die besten und neuesten Sachen hat.
Sander:
Ich gebe ja zu, dass es nicht unklug ist, das Thema aufzugreifen
und im schulischen Unterricht zu behandeln, aber so die Sachen zum Anziehen
stellen doch immer wieder eine gewisse Identifikation dar, und man versucht gerade auch im bestimmten Entwicklungsalter sich über das Outfit
ja besonders zu präsentieren, und das muss ja nicht gerade im schulischen
Unterricht stattfinden. Andere Schulen, andere Länder machen das
ja auch, dass sie da eine gewisse Einheitlichkeit darstellen. Hinzu kommt,
dass sich eine Schule dadurch auch eine hohe Identifikation mit ihrem
Schullogo erwirken kann. Schüler identifizieren sich dann mit ihrem
Schullogo, was sich auch in der Kleidung niederschlägt, und das
denke ich mir wäre ja wichtig, dass Jugendliche in einem bestimmten
Alter auch über solche Äußerlichkeiten Orientierung bekommen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Eltern das unterstützen,
und wenn dann bestimmte Eltern hohen Wert darauf legen, dass die Individualität
ihrer Kinder sich gerade in diesem Bereich entfalten muss, dann muss man
ihnen eben sagen, das können sie ja in der Zeit machen, wo sie nicht
in der Schule sind.
M.:
Es mag ja sein, dass die Schüler dadurch ein Gemeinschaftsgefühl
und Identität mit ihrer Schule entwickeln, aber nun ist es ja auch
so, dass sie zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln vor und
nach dem Unterricht Schüler anderer Schulen treffen. Und dann könnte
dieser Konkurrenzkampf zwar in der einen Schule vermieden werden, aber
dafür bei den Schulen untereinander sich entwickeln welche Schule
die schönere, die bessere, die teurere Uniform einführt oder
ein größeres Gemeinschaftsgefühl besitzt.
Sander:
Das ist richtig, dass man also das dann ein bisschen verlagert
in andere Bereiche, aber wenn man jetzt so auf den erzieherischen Auftrag
der Schule zu sprechen kommt, sieht man doch, dass man durch die Einführung
einer Schuluniform größeren Freiraum schaffen kann für
die eigentlichen Tätigkeiten also Konzentration auf inhaltliche
Aufgaben, Konzentration auf soziales Lernen, dann könnte man auch
fairen Umgang miteinander sehr viel stärker thematisieren und vielleicht
auch indirekt darauf zu sprechen kommen, welchen Vorteil es hat, dass
man in bestimmten Reichen gleichsam frei davon ist, sich ständig
dem Wettbewerbsdruck aussetzen zu müssen, nach dem neuesten Chic
gekleidet zu sein. Ich könnte mir vorstellen, dass das entlastend
ist, dass das wohltuend ist, dass man auf die Art und Weise dem Auftrag
der Schule zur Mündigkeit, zur Leistungsorientierung, auch zur Wissenschaftsorientierung
viel mehr Freiraum schaffen kann, als wenn das nicht der Fall ist.
M.:
Ich glaube dagegen, dass der Markenzwang, wenn er in der Schule
vermieden wird, nur zeitlich aufgeschoben wird auf die Zeit nach der Schule,
also nachmittags und abends die Freizeit. Ich weiß aus eigener Erfahrung
aus Großbritannien zum Beispiel, wo die Schuluniform ja eingeführt
ist und verpflichtend ist für alle, dass es sich umso stärker
zeigt, sobald die Schüler die Schule verlassen und sie dann meinen,
sich ganz modisch und möglichst kurz und knapp die Mädchen
natürlich kleiden zu müssen.
Sander:
Ja, das ist ja auch nicht auszuschließen. Ich will ja die
Menschen und vor allem die jungen Menschen nicht unter einer Käseglocke
groß werden lassen, aber es wäre doch für die Entwicklung
von Kindern hilfreich so meine These mal einen Raum zu haben, wo man
sich gerade nicht auf diesen Wettkampf einlassen muss, wo es um Markenklamotten
geht. Und meine These ist also: Für die Bewältigung des erzieherischen
Auftrags der Schule ist es notwendig, gerade diesen Freiraum zu schaffen.
M.:
Für den erzieherischen Auftrag kann es vielleicht wirklich
positiv sein, dazu kämen aber ja noch ein großes organisatorisches
Problem und die Frage, wie sich so eine Uniform gestalten sollte, wie
sie letztendlich aussehen soll. Da müssten ja ganz viele Meinungen
mit einbezogen werden, und es würde wahrscheinlich sehr viel Aufwand
und Kosten beanspruchen, diese einzuführen.
Sander:
Wenn ich jetzt dein Argument mal aufgreife, dann steckt da ja
als normative Überlegung hinter, dass es wichtig ist, im schulischen
Unterricht sich mit unterschiedlichen Erwartungen, auch hinsichtlich der
Kleidung und der Selbstdarstellung, auseinanderzusetzen und dass es zur
Erziehung zur Mündigkeit dazugehört, auch sich mit den Marktzwängen
wie sie sich auch im Modebereich darstellen auseinanderzusetzen. Das
ist sicherlich ein ganz wichtiges normatives Kriterium, und man könnte
auch sagen, der Gegenwartsbezug wäre auch eine wichtige Aufgabe der
Schule, gerade dass man sich den Problemen der Gegenwart und dem schulischen
Alltag der Jugendlichen stellt. Bei meinem Argument ist ja eher ein anderes
normatives Kriterium erkennbar, nämlich Vermittlung von Inhalten,
von Fähigkeiten, Kompetenzen, die durch andere "Nebenkriegsschauplätze"
will ich das mal nennen tangiert und auch gleichsam beeinträchtigt
werden. Welcher normative Gesichtspunkt würde denn in deinem Argument
noch erkennbar sein oder bei deiner Position, wenn du gegen die Einführung
von Schuluniformen bist?
M.:
Ja, ich bin ja der Meinung, dass die Schule nicht nur Inhalte
vermitteln soll, sondern die Schüler auch auf das Leben und auf die
Realität vorbereiten, und da sind sie auch mit Markenzwang und Konkurrenzdruck
konfrontiert deswegen kann es meiner Ansicht nach nicht schaden, wenn
sie das in der Schule schon erleben und auszudiskutieren lernen.
Sander:
Konzentration auf die zentralen Aufgaben ist ganz wichtig,
und alles andere, was ablenkt, sollte vermieden werden.
M.:
Das, was dann erst mal ablenkt, wäre sicherlich auch die
Einführung selbst und die Organisation dieser ganzen Sache, weil
viel Zeit und Geld investiert werden muss, um überhaupt einheitliche
Regeln zu schaffen und in der Zeit kann auch nichts wesentlich anderes
vermittelt werden.
Sander:
Das andere Argument, was empirisch zu überprüfen ist,
wäre ja auch, ob die Schule an sich der geeignete Ort ist, um die
Einführung oder die Markendominanz, Orientierung am Markt immer zum
Thema zu machen. Elternhäuser machen das ja. Dann wäre die Erziehung
zur Mündigkeit gerade an diesem Thema in der Schule aufzugreifen.
Aber wenn man Kinder mit Uniformen herumlaufen lässt, dann ist das
ja irgendwie an der Wirklichkeit vorbei.
M.:
Ja, das ist richtig das wäre wirklich zu untersuchen.
Sander:
Welche Erfahrungen hast du gemacht in England? Kann man dort
das seitens der Schüler oder der Kinder thematisch angehen, dass
sie alle morgens mit der gleichen Uniform ankommen?
M.:
Deren eigene Einstellung habe ich nicht direkt mitbekommen, ich
habe dann nur nachmittags das extreme Gegenteil gesehen, wo sie meinten,
sich umso auffälliger kleiden zu müssen und wahrscheinlich dieses
Defizit von der Schulzeit wieder gut zu machen. Oder auch wenn sie anfangen
zu studieren und dann eben keine Uniform mehr tragen müssen, dass
sie modisch immer ganz auf dem Laufenden sein müssen.
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Arbeitsblatt: Formulierung eines Spontanurteils (nach oben)
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