Veröffentlichung - Beispiel

Veröffentlichung und Diskussion
Veröffentlichung des Gesamturteils
Diskussion des veröffentlichten Urteils

 

Veröffentlichung und Diskussion (nach oben)

Die oben formulierten Detailurteile und das Gesamturteil wurden in einem kleinen Kreis veröffentlicht und waren direkt Anlass für eine Diskussion. Nachfolgend ist eine Reaktion auf das urprüngliche Urteil abgebildet an der deutlich wird, welche Dynamik sich im Prozess der Urteilsbildung entfalten kann.

 

Veröffentlichung des Gesamturteils (nach oben)

Schuluniformen an unserer Schule?

Ein begründetes Urteil gegen die Einheitskluft

„Würdet ihr euch für oder gegen die Einführung einer Schuluniform an unserer Schule entscheiden?“ Mit dieser Frage überraschte uns vor einiger Zeit unser Lehrer im Sozialwissenschafts-Unterricht. Nach einem ersten spontanen Bejahen und Verneinen wurde in der Klasse schnell klar, dass sich zu dieser Frage auch begründbare Urteile finden lassen würden. Und zwar mit Hilfe des „Konzepts der Urteilsbildung“, bei dem sowohl normative Kriterien als auch empirische Sachverhalte berücksichtigt werden und an dessen Ende ein diskutierbares Gesamturteil steht. Auf welchem Weg ich zu welchem Urteil gekommen bin, möchte ich hier ausführen - vielleicht ja der erste Schritt zu einer interessanten Debatte.

Um zu einem gut begründeten Urteil zu kommen, war es zunächst wichtig, sich über die wichtigen normativen Kriterien zu informieren. Hierbei dienten verschiedene Texte aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet als Grundlage. Schnell wurde deutlich, dass einige Kriterien immer wieder im Zusammenhang mit Schuluniformen genannt wurden - Gleichheit, Gemeinschaftssinn/Solidarität, Individualität, Freiheit, Toleranz, Sozialverträglichkeit (Schulfriede/soziales Klima, Gewaltprävention), Disziplin/Konzentration, günstige Lernbedingungen, Wirtschaftlichkeit, normativer Rahmen/Legalität, Würde des Menschen, Demokratische Werte und Ordnung. Wichtig war es auch, den gleichen oder anderen Texten Sachverhalte zu entnehmen, die den einzelnen Kriterien zuzuordnen waren. Nachdem diese beiden Schritte zufrieden stellend erledigt waren, mussten nun zunächst zu einigen Kriterien Detailurteile gefällt werden.

Das Kriterium Gleichheit betreffend bin ich zu dem Urteil gekommen, dass die Einführung einer Schuluniform nicht hilfreich und ist und ich sie deshalb ablehne. Eventuell wird zwar eine gewisse optische Gleichheit und somit möglicherweise ein besseres Schulklima erreicht. Soziale Ungleichheit, die ja die eigentliche Ursache für Konflikte in der Schule sein kann, wird hierdurch allerdings nicht vermindert. Sie wird lediglich kaschiert und damit auch der kritischen Diskussion in der Schule entzogen. Außerdem ist zu bedenken, dass, wer nicht mehr über die Kleidung seine Herkunft mitteilen kann, andere Wege finden wird.

Auch was den Gemeinschaftssinn betrifft, habe ich mich gegen die Einführung einer einheitlichen Schulkleidung entschieden. Zwar ist es sicher sinnvoll, das Gemeinschaftsgefühl unter den Schülerinnen und Schülern zu stärken. Dieses Gefühl sollte aber nicht auf einer „uniformen“ Kleidung, sondern auf gemeinsamen Überzeugungen und Verhaltensweisen gründen. Außerdem muss immer bedacht werden, dass ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe schnell in der Ablehnung einer anderen Gruppe münden kann.

Unter dem Gesichtspunkt der Individualität muss ich Schuluniformen ebenfalls ablehnen. Die Möglichkeit, sich auch über Äußerlichkeiten auszudrücken und den eigenen Weg zu finden, sollte gerade uns Schülerinnen und Schülern nicht genommen werden. Das heißt übrigens auch, dass man sich ganz bewusst gegen das Tragen von Marken-Klamotten entscheiden kann.

Eng mit der Individualität ist die Freiheit verbunden, weshalb ich auch hier der Meinung bin, dass Schuluniformen abzulehnen sind.

 

Diskussion des veröffentlichten Urteils (nach oben)

Schuluniformen an unserer Schule?

Warum einheitliche Schulkleidung doch ein Gewinn für das Schulklima sein kann!

Reaktion auf den Artikel in der Schülerzeitung

Das letztens in der Schülerzeitung veröffentlichte Urteil zum Entscheidungsfall „Einführung von Schuluniformen ja oder nein?“ weist - trotz der vorbildlichen Herangehensweise – ein paar Punkte auf, die man diskutieren, wenn nicht gar kritisieren könnte.

 
Unzulänglichkeit der Sachverhalte

Zum einen fällt auf, dass die Sachverhalte unzulänglich erarbeitet worden sind. Es entsteht der Eindruck, als ob bewusst – oder auch unbewusst? – vorwiegend nur nach Sachverhalten gesucht worden sei, die dem Spontanurteil („Nein zur Einführung von Schuluniformen“) entsprechen, also dieses unterstützen/ untermauern. Argumente, die für eine Schuluniform sprechen, bleiben meist eher unberücksichtigt oder aber werden abgeschwächt.So findet man z.B. bei der Recherche weiterer Umfragen zum Thema. [1] nicht nur Umfrageergebnisse, die eine mehrheitliche Ablehnung von Schuluniformen aufweisen, sondern auch solche, die eine Einführung befürworten. Die Umfrageergebnisse widersprechen sich also, so dass mit diesen Ergebnissen keine eindeutige Zuordnung und Entscheidung (ja/ nein) möglich ist.Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Daten der recherchierten Erhebungen alle nicht für die Schüler in Deutschland insgesamt repräsentativ sind (zu wenig Befragte, zu einseitige Befragungsgruppen etc.), sondern lediglich die Meinungen einzelner widerspiegeln!Zum anderen fehlen einige Aspekte sogar ganz.
Beispielsweise der Wohlfühlfaktor: Schülerinnen und Schüler müssen die Schulkleidung akzeptieren, d.h. sie müssen sie gut finden, sich darin wohl fühlen etc., wenn diese positive Auswirkungen auf den Schulalltag haben sollen.
Was ist zudem mit denen, die Jugendliche im Einheitsdress stark an Organisationen totalitärer Systeme erinnern?
 
Darüber hinaus wären konkrete Fallbeispiele mit Erfahrungsberichten von Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern sinnvoll, um ganz praktische Einschätzungen zu erhalten. 


Gewichtung der Kriterien

Abgesehen von der z. T. unzulänglichen Klärung der Sachverhalte ist sicher auch die Gewichtung der Kriterien zu diskutieren.Meines Erachtens ist Schule nicht nur, sondern vor allem ein Ort des Lernens.
Das heißt für mich, dass das Kriterium eines guten Lernklimas sehr viel mehr Gewicht haben sollte!Sicher sind Kriterien wie Freiheit oder Individualität als gesellschaftliche hoch zu achtende Werte wichtige Lerninhalte, aber aufgrund ihrer Abstraktheit und Komplexität im Unterricht in Verbindung mit anderen Unterrichtsthemen sollten sie stets mit thematisiert werden.
Freiheit und Individualität lediglich mit der Freiheit in der Wahl individueller Kleidung abhandeln zu wollen, wäre sicher zu verkürzt und in ihrer Bedeutung den Schülerinnen und Schülern nur unzureichend bewusst zu machen.
Zumal es in der Schule sicher eine Menge an notwendigen Zwängen gibt - ja schon der Besuch der Schule an sich auch nicht als rein freiwillig gelten darf! -, die den Grundrechten von Freiheit und Individualität schließlich ebenfalls auf eine gewisse Weise entgegen stehen, aber dennoch nicht aufgehoben werden. (Schulpflicht, verbindlicher Zeitrahmen des Unterrichts, Vorgabe der Unterrichtsfächer etc.)
Nicht zuletzt können Individualität und Freiheit in Bezug auf die Wahl der Kleidung in der Freizeit noch weiterhin nach Herzenslust ausgelebt werden. Schulkleidung könnte folglich quasi als eine Art Arbeitskleidung angesehen werden.Daher: Kriterien wie Individualität und Freiheit sind Werte, die den Schülerinnen und Schülern inhaltlich im Unterricht vermittelt werden sollten und nicht bloß als Gegenargumente in der Diskussion um die Einführung von Schulkleidung bemüht werden. Das Argument der Sozialverträglichkeit spielt - auch im Hinblick auf das Kriterium eines besseren Lernklimas - ebenfalls eine wichtigere Rolle, als ihm dies in der Gewichtung des vorliegenden Gesamturteils beigemessen wird. Angesichts des immer stärker ausufernden Zwangs, teure angesagte Marken tragen zu müssen, um bei der peer group akzeptiert zu werden, was dann in der Folge zudem zu Konflikten bis hin zu Diebstählen und Erpressungen führen kann, ist einheitliche Schulkleidung ein ganz einfaches Mittel, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Wenn so verhindert wird, dass  Schülerinnen und Schüler wegen ihrer Kleidung gehänselt oder ausgeschlossen werden, andere wiederum nicht mehr ihrer Markenprodukte wegen erpresst oder gar bestohlen werden, so kann Schulkleidung in der Tat erheblich zu einem besseren Sozialklima innerhalb der Klasse und Schule beitragen.
Soziale Unterschiede werden zwar auch durch Schulkleidung nicht beseitigt, dennoch vermindert Schulkleidung in dieser Hinsicht ganz massiv Konfliktpotentiale!  Sozialverträglichkeit kann durch einheitliche Schulkleidung zwar nicht komplett garantiert, aber auf alle Fälle deutlich verbessert werden, was wiederum dem Lernklima zugute kommt, da die Schülerinnen und Schüler sich ohne Angst auf das Wesentliche nämlich die Inhalte konzentrieren können. 

Fazit

Durch eine adäquate Gewichtung der Kriterien – wobei die Kriterien Lernklima und Sozialverträglichkeit eine viel größere Bedeutung beigemessen werden sollte -  ergibt sich für das Gesamturteil m. E. ein ganz neues Bild, nämlich das der Befürwortung von einheitlicher Schulkleidung zugunsten eines besseren Lernklima in der Schule als Ort des Lernens – zumindest für eine begrenzte Zeit.