M 01.11 Landkarte rechter Gewalt

Wegen Streitigkeiten beim Einparken vor einem Lokal in Rosenheim (Bayern) griffen zwei junge Männer im Sommer 1999 drei Afrikaner an und verletzten einen von ihnen mit Faustschlägen und Fußtritten so schwer, dass er wenig später seinen Verletzungen erlag. Handelt es sich hier um einen rechtsextremistisch motivierten Mord oder "nur" um die Eskalation eines Streites, der zur schweren Körperverletzung mit Todesfolge führte? So geschmacklos diese Frage auch erscheint, so wichtig ist sie zur Entscheidung des Verfassungsschutzes und Bundeskriminalamtes, ob dieser Fall in der Statistik als rechtsextremistisch motiviertes Tötungsdelikt auftaucht. In diese Liste werden nämlich nur vorsätzlich getötete und ermordete Opfer aufgenommen. In seiner Vernehmung durch die Polizei machte der Haupttäter aus seiner fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Einstellung keinen Hehl - hier entlarvte der Angeklagte seine Tat selbst als rechtsextremistisch motiviert. Aber so eindeutig verläuft die Zuweisung eher selten - so finden beispielsweise Menschen, die "versehentlich" bei einer Brandstiftung in einem Asylbewerberheim verbrennen, hier keine Erwähnung, wenn den Brandstiftern keine Tötungsabsicht nachgewiesen werden kann. Wenn ein Richter entscheidet, dass es sich bei der Tat nicht um Rechtsextremismus handelt, muss der Verfassungsschutz das hinnehmen, bestätigt Verfassungsschutz-Sprecher Hans-Gerd Lange. So tauchen also in der offiziellen Statistik weitaus weniger Todesopfer rechter Gewalt auf, als Experten, Komitees und Medien sie zählen. Durch ihre Auflistungen konnte obige "Landkarte rechter Gewalt" erstellt werden.

In dieser Landkarte sind nur diejenigen Todesopfer aufgeführt, an denen die Tat nachweislich aus rechtsextremistischen Motiven erfolgte (also auch aufgrund von Hass gegen "Andersartige", "Fremde" oder "Minderwertige") oder stichhaltige Hinweise dafür existieren. Hinzu kommen solche Fälle, in denen die Täter nachgewiesenermaßen dem rechtsextremistischen Milieu entspringen und andere Tatmotive nicht erkennbar sind. Da die Fälle, die diesen Kriterien nicht zweifelsfrei zugeordnet werden können, auch nicht in diese Liste aufgenommen worden sind, dürfte die tatsächliche Zahl der Opfer sogar noch um einiges höher sein.

Die Bundesregierung hat mittlerweile Defizite bei der Erfassung rechtsextremer Gewalttaten eingeräumt und angekündigt, die Erfassungskriterien für rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten zu verbessern.

(Ansgar Heskamp und Claudia Rentmeister)