M 03.02 Bundesregierung erhöht den Druck auf die NPD
In der Diskussion über ein Verbot der rechtsextremistischen NPD werden die Stimmen in der Bundesregierung lauter, der Partei mit rechtlichen Schritten ihre Existenzgrundlage zu entziehen. "Der Rechtsstaat muss seine Instrumente konsequent einsetzen, um zu signalisieren, dass Rechtsextremismus in Deutschland nicht hingenommen wird", sagte der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Ernst Uhrlau, der Zeitung Welt am Sonntag. Nach Uhrlaus Ansicht stehen die Chancen für ein Parteiverbot gut. Politisch und gesellschaftlich hält der Geheimdienstkoordinator einen solchen Schritt für geboten. Zwar würden sich rechtsextremistische Agitatoren auch nach einem NPD-Verbot nicht geschlagen geben, meinte der frühere Chef des Hamburger Verfassungsschutzes. Doch könnte der Zulauf vor allem junger Menschen zur organisierten rechten Szene begrenzt werden. Außerdem würde sie "an den Rändern abschmelzen" . Dies beträfe vor allem die älteren Parteimitglieder der NPD. Derzeit prüft eine Arbeitsgruppe der Innenministerien von Bund und Ländern die Aussichten eines etwaigen Verbotsantrages beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Über einen solchen Antrag wird laut Uhrlau entschieden, wenn die Arbeitgruppe ihre Ergebnisse vorgelegt hat. "Persönlich bin ich optimistisch, dass die Erkenntnisse der Nachrichtendienste ausreichen, um beim Bundesverfassungsgericht erfolgreich zu sein", sagte Uhrlau. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye ließ ebenfalls den Willen zu einem rechtlichen Vorgehen erkennen. Voraussetzung sei, dass die zuständige Bund-Länder-Arbeitsgruppe "die Beweislage eindeutig positiv sieht". Das Gremium will bis Mitte Oktober ein Ergebnis vorlegen. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) versprach unterdessen, entschieden gegen rechtsradikale Gewalttäter in Deutschland vorzugehen. "Wir werden die Neonazis in Deutschland stoppen", sagte Fischer in Italien. Auch wenn es sich "um wenige Kriminelle" handele, beunruhige ihn zutiefst, "dass es in gewissen Regionen unseres Landes gefährlich ist, eine andere Hautfarbe zu haben", sagte Fischer. Zwar hätten sich neonazistische Gewalttaten größtenteils im Osten Deutschlands ereignet, gleichwohl sei die rechte Gewalt ein Problem, das das ganze Land angehe, sagte der Außenminister. Ebenso äußerte sich Regierungssprecher Heye: "Die geistigen Brandstifter kommen alle aus dem Westen." Nach Einschätzung des früheren Verfassungsrichters Ernst Gottfried Mahrenholz dürfte ein Verbotsantrag vor dem höchsten deutschen Gericht Erfolg haben. Er rechne mit einer Entscheidung des Verfassungsgerichts "ein Jahr nach der Antragstellung", sagte er im Norddeutschen Rundfunk. CSU-Landesgruppen-Chef Michael Glos plädierte im Sender n-tv auch für ein Verbot der Deutschen Volksunion (DVU). Sie ist nach Verfassungsschutzangaben mit 17 000 Mitgliedern die größte rechtsextreme Organisation. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement warnte davor, die NPD durch öffentliche Diskussionen aufzuwerten. "Ich halte nichts von öffentlichen Diskussionen, weil man die NPD damit nur interessant macht", betonte Clement am Samstag am Rand des 10. ARD-Kinderfestes in Essen. Clement sprach sich weiterhin für ein mögliches Verbot der rechtsextremen Partei aus. "Wir prüfen sehr rasch, ob die Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen, das heißt, ob die NPD sich zu einer Organisation entwickelt hat, die Rechtsbrüche begeht. Wenn ja, muss sie verboten werden", sagte er. (aus: Christoph Schwennike: Der Kampf gegen Rechts. Politik und Öffentlichkeit fordern Ächtung der NPD, in: Süddeutsche Zeitung vom 14./15.08.2000)