M 03.17 Die NPD verbieten?
Von Viele Argumente sprechen gegen ein Verbot der NPD. Dem Regierungssprecher Heye reichen die Erkenntnisse für einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht nicht aus, der Rechtsextremismusforscher Heitmeyer meint gar, es sei für staatliche Repressionsmaßnahmen überhaupt zu spät. Fachleute fürchten zudem, dass, wenn man der extremistischen Hydra einen Kopf abschlägt, ihr sogleich zwei neue nachwachsen. All das ist nicht von der Hand zu weisen. Und die Vorstellung, die Rechtsextremisten triumphierten womöglich in Karlsruhe über den Rechtsstaat, lässt einen gruseln. Und doch: Das Verbot der NPD, das Bayerns Innenminister Beckstein jetzt fordert, ist mehr als parteipolitischer Aktionismus. Es wäre ein Stück symbolische Politik, die ihren Sinn auch haben kann, wenn sie am Ende juristisch scheitert, ja, auch wenn sie nur die bedrückende Ratlosigkeit im Umgang mit der extremistischen Gewalt offen legt. Denn es würde zumindest deutlich werden, dass diese Gesellschaft wirklich entschlossen ist, dem bösen Treiben mit allen Mitteln ein Ende zu setzen. Ein Verbotsantrag, wie realistisch er auch immer sei, wäre ein Anfang der demonstrativen öffentlichen Ächtung und gäbe der Justiz womöglich sogar Rückenwind. Aber er wäre nur der Anfang einer Rückbesinnung auf die bürgerlich zivile Gesellschaft, die nicht bei Verboten Halt macht, sondern ihre alten, lange als Sekundärtugenden verspotteten Werte wieder hochhält. Der Appell geht an die bürgerlichen Eliten, die sich vielfach aus der Verantwortung für das Gemeinwesen gestohlen haben. Erschrecken reicht so wenig wie verbieten. Vorbilder sind gefragt. (aus: Johann Michael Möller, Die NPD verbieten? In: Die Welt vom 03.08.2000, URL vom 08.09.2000