Didaktischer
Kommentar zur Reihe "Parteien
und ihre Allmacht"
Ziel
der vorliegenden Reihe ist es, dass die SchülerInnen neben der klassischen
Parteiendemokratie alternative Formen der politischen Partizipation
kennenlernen sowie bezogen auf die Durchsetzung individueller Interessen
in einem gesamtgesellschaftlichen Rahmen die Vor- und Nachteile
der einzelnen Möglichkeiten beurteilen können. Diese Zielsetzung
lässt sich damit dem Richtwert "Emanzipation" als einem der wichtigsten
didaktischen Perspektiven politischer Bildung unterordnen. Die anvisierten
Zielgruppen sind die Klassen 9 und 10, das Thema lässt sich in dieser
Stufe problemlos den unterschiedlichen Richtlinien zuordnen.
Ausgangspunkt
der Reihe sind zwei kontrastive Texte: Während der eine Text die
Funktion und Bedeutung der Parteien für die Demokratie hervorhebt,
betont der andere Text die traditionelle Kritik am Parteiwesen.
Die SchülerInnen sollen in einem ersten Zugang ihr Vorverständnis
artikulieren, um anschließend zu der zentralen Fragestellung der
Reihe zu gelangen: Sind die Parteien aufgrund ihrer Struktur tatsächlich
zu einer ungerechtfertigten Machtstellung gelangt, die sie selbst
in ihrer Funktion für die Demokratie fraglich werden lassen, oder
sind sie lebensnotwendig und damit unantastbar? Außerdem: Welche
Alternativen gibt es zur Parteiendemokratie?
Die
weitere Erarbeitung macht die Notwendigkeit und Funktion der Parteien
deutlich: Als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit den,
hier didaktisch reduzierten, pluralistischen Prinzipien "Volksgemeinschaft"
und "Mehrparteienprinzip" dienen Hitlers Anschauungen hierzu. Das
Grundgesetz in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichtes soll
den SchülerInnen im Anschluss verdeutlichen, dass den Parteien in
einem Staat die wichtige Funktion zukommt, unterschiedlichen Interessen
Geltung zu verschaffen. Der intendierten positiven Einstellung gegenüber
dem Parteiwesen werden Probleme des repräsentativen Systems entgegengestellt:
Das Volk besitzt nur alle vier Jahre die Möglichkeit, sein Herrschaftsrecht
geltend zu machen. Auch das innerhalb der Parteien sprichwörtliche
"Starren auf den Wahltag" sollte den SchülerInnen durch die Materialauswahl
mitsamt den negativen Folgen schnell deutlich werden.
Jedoch
bleibt neben der reinen Wahlbeteiligung das direkte Engagement in
einer Partei als Partizipationsmöglichkeit. In zwei anschaulichen
Texten wird die Norm der Wirklichkeit entgegengesetzt: Während der
innere Aufbau der Parteien der demokratischen Verpflichtung entspricht,
bleiben im Alltag die Stimmen der Basismitglieder oft durch die
Übervorteilung des Parteiapparates außen vor. Die SchülerInnen werden
über ein konstruiertes Fallbeispiel mit diesem Alltag konfrontiert,
bei dem die Aspekte bewusst überzeichnet sind.
Mit
Hilfe des Fallbeispiels kann die letzte Problematik des Parteiwesens
erarbeitet werden: Die Hinwendung zur wählerstarken Volkspartei
verursacht verstärkt Probleme, der traditionellen Wählerschaft parteipolitische
Entscheidungen zu vermitteln. Dieser Aspekt bleibt ein Kernproblem
des demokratischen Parteienstaates, was an den gegenwärtigen Diskussionen
über sozialdemokratische Regierungspolitik und "linken Herzen" sehr
gut ablesbar ist. Darüberhinaus treten die Bürger nicht nur als
Abwähler, sondern zunehmend auch als Nichtwähler auf, die sich keiner
Partei mehr zuordnen können; "Politikverdrossenheit" macht sich
breit.
Gibt
es neben dem klassischen Parteiensystem andere Formen der politischen
Beteiligung? Als alternative Partizipationsmöglichkeiten werden
den SchülerInnen am Beispiel des Landes NRW die Ausweitung der Bürgerrechte
über Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sowie die Arbeit von Bürgerinitiativen
durch die Materialien aufgezeigt. Beide Partizipationsformen werden
ebenfalls problematisiert: zum einen wird die Fokussierung auf lokale
Einzelinteressen thematisiert, zum anderen wird die Problematik
einer Entscheidung ohne Folgeabschätzung diskutiert.
In
einem Abschlussprojekt sollen die SchülerInnen ihr zuvor erarbeitetes
Wissen praktisch anwenden. In arbeitsteiliger Gruppenarbeit soll
zu einem aktuellen kommunalen Problem die geeignete Partizipationsform
gewählt und ein Plan ausgearbeitet werden. Findet man ein Thema,
welches die SchülerInnen in besonderer Weise anspricht (z.B. neue
Skaterbahn), könnte das vorher erarbeitete Wissen direkt in politisches
Handeln umgesetzt werden.
Die
für die Reihenplanung verwendeten Materialien bilden ein geschlossenes
Konzept, was Ergänzungen aber nicht ausschließen soll: An entsprechenden
Punkten können Internetrecherche, Expertenbefragung und weitere
methodische Zugänge erfolgen, die die Inhalte der Reihe anschaulicher
werden lassen, wie z.B. ein Besuch von Rats- und Parteisitzungen
oder ähnlichen Veranstaltungen.
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