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Definition
Eine
klassisch zu nennende Definition von Partei, die das Denken der
Sozialwissenschaftler bis heute stark beeinflußt, stammt von Max
Weber: "Parteien sollen heißen auf (formal) freier Werbung beruhende
Vergesellschaftungen mit dem Zweck, ihren Leitern innerhalb ihres
Verbandes Macht und ihren aktiven Teilnehmern dadurch (ideelle und
materielle) Chancen der Durchsetzung von sachlichen Zielen oder
der Erlangung von persönlichen Vorteilen (oder beides) zuzuwenden."[Thränhardt/Uppendahl:
1982, S. 15]
Rechtliche
Grundlagen
Politische
Parteien nehmen in westlichen Demokratien eine zentrale Rolle ein.
So wird in der Bundesrepublik die Funktion der Parteien in Artikel
21 GG bestimmt, in dem es heißt: "Die Parteien wirken bei der politischen
Willensbildung des Volkes mit".
Im Parteiengesetz wird dieser Auftrag präzisiert und näher definiert,
was eine Partei ist: "Die Parteien sind Vereinigungen von Bürgern,
die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder
eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und
an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag
mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation,
nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der
Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit
dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche
Personen sein." [§ 2 Abs. 1 PartG]
Vier
Aufgaben der Parteien
Das
Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung die zentrale
Rolle der Parteien als integrierenden Bestandteil der demokratischen
Ordnung bestätigt. Folgende vier Aufgaben mit gesetzlicher Grundlage
lassen sich feststellen:
- Parteien
wirken bei der politischen Willensbildung mit;
- Parteien
dienen als Mittler zwischen Staat und Volk;
- Parteien
beeinflussen die Regierungsbildung;
- Parteien
bringen politische Zielvorstellungen ein.
Parteien
wirken bei der politischen Willensbildung mit
Die
Parteien nehmen Einfluß auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung
und wirken "an der politischen Willensbildung des Volkes vornehmlich
durch ihre Beteiligung an den Wahlen mit, die ohne die Parteien
nicht durchgeführt werden könnten." [BVerfGE, 20, 56, 101]
Sie vertreten das Volk im Deutschen Bundestag, in den Landtagen
und in den Gemeinden. Sie haben bei der Kandidatenauswahl ein Monopol.
Die Parteien
sollen die politische Beteiligung der Bürger gewährleisten und die
Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen herstellen: "Sie
sind darüber hinaus Bindeglieder zwischen den einzelnen und dem
Staat, Instrumente, durch die der Bürgerwille auch zwischen den
Wahlen verwirklicht werden kann, "Sprachrohr des Volkes".
Sie stellen, sofern sie die Regierung stützen, die Verbindung zwischen
Volk und politischer Führung her und erhalten sie aufrecht. Als
Parteien der Minderheit bilden sie die politische Opposition und
machen sie wirksam." [BVerfGE, 20, 56, 101]
Der Politologe H. Oberreuter sieht in der Präsenz im Parlament eine
der wichtigsten Aufgaben der Parteien. Der Willensbildungsprozeß
des Volkes finde, da die Parteien Vermittler zwischen Staat und
Volk seien, ständig statt. Dieses sei dadurch gewährleistet, daß
die Parteien in den gewählten Organen präsent blieben. Sie vermittelten
politische Entscheidungen an die Gesellschaft. So komme den Parteien
und ihren Mitgliedern im Kommunikationsprozeß eine wichtige Bedeutung
zu. [Vgl. Oberreuter: 1992, S. 28ff.]
Parteien
beeinflussen die Regierungsbildung
Eine
große Rolle spielen die Parteien bei der Regierungsbildung, sowie
danach bei der Aufrechterhaltung der Regierungsfähigkeit. Sie wirken
mit bei der Besetzung staatlicher Ämter durch Personen, die in der
Regel führende Repräsentanten der Parteien sind: "In der modernen
Massendemokratie üben die politischen Parteien entscheidenden Einfluß
auf die Besetzung der obersten Staatsämter aus. Sie beeinflussen
die Bildung des Staatswillens, indem sie in das System der staatlichen
Institutionen und Ämter hineinwirken und zwar insbesondere durch
die Einflußnahme auf die Beschlüsse von Parlament und Regierung."[BVerfGE,
20, 56, 101]
Parteien
bringen politische Zielvorstellungen ein
Die
Parteien bringen politische Zielvorstellungen in die staatliche
Willensbildung ein: "Sie sammeln die auf die politische Macht und
ihre Ausübung gerichteten Meinungen, Interessen und Bestrebungen,
gleichen sie in sich aus, formen sie und versuchen, ihnen auch im
Bereich der staatlichen Willensbildung Geltung zu verschaffen."
[BVerfGE, 20, 56, 101]
Kritik
an der Macht der Parteien
Ob
die Verfassungsväter des Grundgesetzes den Parteien wirklich die
zentrale Rolle zuweisen wollten, die aus dem Parteiengesetz abzuleiten
ist und vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, kann bezweifelt
werden.
Kritik
- von Weizsäcker
"Mit
dem Parteiengesetz verfügen die Parteien auf dem Umweg über den
Gesetzgeber über sich selbst. Von ihren Rechten ist ziemlich eindrucksvoll
die Rede, wenn auch der tatsächliche Umfang ihres Einflusses bei
weitem nicht erfaßt ist. Die festgelegten Pflichten sind dürftig
genug und beziehen sich im wesentlichen auf organisatorische Verfahrensfragen."
[von Weizsäcker:1992, S. 140]
Die Kritik Weizsäckers löste eine heftige Debatte aus. Während H.
J. Vogel und H. Hamm-Brücher die Kritik Weizsäckers begrüßten und
in ihr den Anstoß zu einer Diskussion der gegenwärtigen (Parteien-)Situation
sahen, gab es vor allem in den Reihen der CDU/CSU heftige Kritik
an seinen Thesen. W. Bötsch, Vorsitzender der CSU Landesgruppe im
Bundestag, meinte, daß die von Weizsäcker beschriebene Situation
weder der historischen Entwicklung, noch der politischen Realität
entspreche. [Zur Diskussion vgl. DIE ZEIT, 26.6., 3.7., 10.7., 17.7.,
24.7. und 31.7.1992.] Noch umfassender fällt die Kritik an den Parteien
beim Verwaltungswissenschaftler von Arnim aus: "Die Bürger haben
keine Möglichkeit, wirklich ihre Meinung kundzutun; sie werden eher
entmündigt. An ihre Stelle sind die politischen Parteien getreten,
die aber ihre Funktion als Sprachrohre des Volkes nicht erfüllen.
Sie wirken nicht an der politischen Willensbildung mit, sondern
beherrschen sie weitgehend und unterlaufen die Gewaltenteilung."
[von Arnim: 1993, S. 7]
Kritik
- Guggenberger
Parteipolitische
Interessen beeinflussen in der politischen Praxis oft erfolgreich
die "checks und balances der unterschiedlichen Verfassungsorgane".
In Bundestag und Bundesrat wird in der Regel entlang der parteipolitischen
Trennlinien gearbeitet. [Vgl. Thränhardt/ Uppendahl: 1982, S. 7]
Parteipolitische Kriterien entscheiden oft über die Besetzung öffentlicher
Stellen. [vgl. von Arnim: 1993, S. 128-157]
Parteien gelingt es, durch Personalrekrutierung fast alle Bereiche
des öffentlichen Lebens zu durchdringen. Dies bemängelt B. Guggenberger,
wenn er darauf hinweist: "Längst hinausgewachsen über ihre engeren
politisch-parlamentarischen Funktionen, bestimmen die Parteiorganisationen
durch die Besetzung von Rundfunk-und Fernsehräten über Personal
und Programme der Rundfunkanstalten, über die Ministerialorganisationen
in Bund und Ländern, über Spitzenpositionen im Versicherungs-,Banken-und
Sparkassenwesen und über Positionen in Vorständen und Aufsichtsräten
der größten Industrieunternehmen. Die Parteien sitzen auf allen
Ebenen des politischen und ökonomischen, des sozialen und kulturellen
Lebens fest im Sattel."
[Guggenberger: 1986, S. 128]
Kritik
- Hennis
Vor
diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, ob die Parteien ihre
eigentliche (grundgesetzliche) Aufgabe der Mitwirkung bei der Willensbildung
des Volkes nicht schon überschritten haben. W. Hennis merkt dazu
kritisch an, die Parteien hätten sich "von der autonomen Willensbildung
des Volkes in einer Weise abgekoppelt, daß ihre demokratische Funktion,
wenn nicht gefährdet, so in der verschiedensten Weise problematisiert
erscheint."
[Hennis: 1983, S. 32]
Das
strukturelle Dilemma großer Parteien
Im
Hinblick auf ihre eigene Handlungsfreiheit kann gerade diese Abgehobenheit
gegenüber verschiedenen Interessengruppen für die Parteien sinnvoll
sein: "Eine zu enge Rückbindung der politischen Klasse an die Wählerschaft
unterliegt u. U. der Gefahr, langfristige politische Entwürfe auf
dem Altar eines tagespolitischen Populismus zu opfern." Vor allem
große (Volks-) Parteien befinden sich hier in einem strukturellen
Dilemma: Je mehr und je länger ihre Landtags- und Bundestagsabgeordnete
die Regierung stellen und es als ihre Aufgabe ansehen, die Regierung
zu stützen, umso mehr wird es ihnen ein Anliegen sein, die Entscheidungen
der Regierung dem Volk zu verdeutlichen und weniger, den Willen
des Volkes zu berücksichtigen. Daher rührt die These: Regierungsparteien
laufen Gefahr, "Kanzlerwählvereine" zu werden. Für die Glaubwürdigkeit
von Wahlen ist es wichtig, dass die Parteien ihre zentrale Funktion,
nämlich die Berücksichtigung der Interessen der Wähler (Responsivität)
und die demokratische Auswahl von KandidatInnen erfüllen. Innerparteiliche
Demokratie ist eine wichtige Voraussetzung dafür.
Innerparteiliche
Demokratie - Rechtliche Grundlage
Die
Forderung nach innerparteilicher Demokratie hat Verfassungsrang.
Artikel 21 GG, Abs.1, Satz 2 lautet: "Ihre innere Ordnung [die der
Parteien, d.A.] muß demokratischen Grundsätzen entsprechen." Diese
Bestimmung ergibt sich konsequent aus der grundgesetzlichen Bestimmung
der Funktion der Parteien in der politischen Ordnung der Bundesrepublik,
d.h. aus Art. 21 S. 1 GG: "Die Parteien wirken bei der politischen
Willensbildung des Volkes mit". Das Bundesverfassungsgericht hat
in ständiger Rechtsprechung den Parteien den Rang einer "verfassungsrechtlichen
Institution" zugesprochen, woraus notwendig folgt, daß auch innerhalb
der Parteien demokratische Grundsätze zu gelten haben. Der oben
zitierte Art. S. 2 des Art. 21 Abs. 1 GG bestätigt diesen Sachverhalt
noch einmal. Näher ausgeführt wird die Bestimmung im Parteiengesetz
[§§ 6-17 PartG] [Vgl.hierzu Katz: 1993, S. 133f.].
Innerparteiliche
Demokratie - Umsetzung
Dies
bedeutet konkret zunächst einmal, daß sich die innerparteiliche
Willensbildung von unten nach oben, von der Parteibasis zur Parteispitze
vollzieht [vgl. etwa BVerfGE, 24, 300, 349]. Eine "Führerpartei",
bei der die Mitglieder der Parteiführung unbedingten Gehorsam geloben,
ist mit dem Grundgesetz unvereinbar [BverfGE, 2, 1/40] [Rudzio:
1977, S. 96ff.]. Abhängig von der Größe der jeweiligen Parteien
verläuft der Prozeß der Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland
über mehrere Repräsentations- und Entscheidungsgremien. Die im deutschen
Bundestag vertretenen Parteien sind mehrstufig gegliedert in Orts-,
Kreis-, Landes- und Bundesebene. Die Kreis-, Landes- und Bundesebene
verfügen je über mindestens vier Organe, nämlich über die Mitglieder-
bzw. Delegiertenversammlungen, den Vorstand, einen Parteiausschuß
und ein Parteigericht [Vgl. Wasser: 1988, S. 256.].
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Arbeitsgruppen, Fachausschüsse,
Kommissionen etc. Mitgliederversammlungen und Parteitage treffen
alle grundsätzlichen Entscheidungen inhaltlicher wie personeller
Art. An mehreren Stellen kann jedoch die innerparteiliche Demokratie
unterlaufen oder ausgehöhlt werden.
Die innerparteiliche
Demokratie ist nach neueren Untersuchungen vor allem gefährdet
- bei der Kandidatenaufstellung
- durch Zentralisierung
von Sach- und Personalentscheidungen
- durch Ämterhäufung
- durch Unterdrückung
der Kritik an der Parteiführung.
Gefährdungen
- Kandidatenaufstellung
Die
Forderung nach innerparteilicher Demokratie ist insbesondere hinsichtlich
der zentralen Funktion der Parteien, der Kandidatenaufstellung,
von großer Bedeutung. Wird gegen die Grundsätze demokratischer Beteiligung
verstoßen, z.B. bei der Aufstellung von Kandidaten, ist die Wahl
ungültig [siehe z.B. Hamburger Verfassungsgerichtsurteil aus dem
Jahre 1993].
Gefährdungen
- Zentralisierung von Sach- und Personalentscheidungen
In
der politischen Praxis ist vor allem bei den etablierten Parteien
eine Tendenz zur Zentralisierung von politisch relevanten Sach-
und Personalentscheidungen feststellbar. Diese resultiert in beträchtlichem
Maß aus dem Willen zur Macht und aus der Aufgabenfülle so wie der
"Allzuständigkeit", die die Parteien für sich reklamieren.
Gefährdungen
- Ämterhäufung
Der
Soziologe R. Michels hatte schon 1911 Oligarchisierungstendenzen
in der SPD festgestellt. Jede größere Organisation bringe unvermeidlich
eine Führungsschicht hervor. Je mehr sie sich etabliert habe, desto
schwieriger sei es, diese Führungsschicht dauerhaft zu kontrollieren.
Diese These hat sich nach Auffassung des Parteienforschers K. von
Beymes für die Gegenwart "als übertrieben herausgestellt" [Vgl.
Michels: 1911. Zur Kritik von Beyme: 1993, S. 123f.].
Den typischen "Parteibürokraten", wie Michels ihn beschreibt, gäbe
es nicht mehr. An seine Stelle seien eine Vielzahl verschiedener
"Typen" von Parteifunktionären getreten (Bsp.: Manager, repräsentative
und exekutive Bürokraten, Professionelle). So könne man auch nicht
mehr von einer Herrschaft der Parteibürokraten sprechen. Parteien
in der Bundesrepublik seien zu heterogen strukturiert. Trotzdem
trifft zu, daß die Funktionäre und Mandatsträger in den Parteien
einen sehr großen Einfluß haben, vor allem dann, wenn sie sich einig
sind. Problematisch im Sinne der innerparteilichen Demokratie ist
daher die in der Praxis oft üblichen Ämterhäufungen (typisch: Parteivorsitzender,
Bundeskanzler; Minister, MdB, Landesvorsitzender) und die damit
verbundene Machtballung.
Gefährdungen
- Unterdrückung der Kritik an der Parteiführung
Die
innerparteiliche Demokratie ist auch dann gefährdet, wenn Kontroversen
zwischen einzelnen Gruppierungen innerhalb der Parteien nicht öffentlich
ausgetragen werden, da die Parteien glauben, daß dies als Schwäche,
Unglaubwürdigkeit und mangelnde Einmütigkeit der Partei ausgelegt
werden könnte. Die Austragung von Konflikten darf aber nicht soweit
gehen, daß sie die Entscheidungsfähigkeit der Parteien blockiert
und in der Folge die parlamentarische Arbeit lahmgelegt wird. Kontroversen
sind für die politische Diskussion jedoch notwendig und sinnvoll.
Voraussetzung dabei ist, daß alle Parteien diese Diskussion und
Kritik der Basis an der Parteiführung zulassen und sie "nicht mit
dem beliebten Ruf nach Geschlossenheit" abwürgen.
[Vgl. Jesse/Backes: 1990, S. 31.]
Bürgerinitiativen
als Alternative
Die
vielschichtigen Probleme bezüglich des Parteiwesens veranlassen
die Frage, ob andere Partizipationsformen dem Volk eher die Möglichkeit
bieten, von seinen demokratischen Beteiligungsrechten Gebrauch zu
machen. In den siebziger Jahren, bildeten sich gleichsam als Folge
der Studentenbewegung zahlreiche Bürgerinitiativen . Sie zeugtem
von einem großen Protestpotential in der Bevölkerung und besetzten
vor allem in der damaligen Zeit von den bestehenden Parteien nur
unzureichend repräsentierte Themen wie z.B. die Umweltschutzproblematik.
Als "Bürgerinitiativen" bezeichnet man generell den zur Durchsetzung
eines bestimmten gesellschaftlichen Interesesses vorübergehenden
oder auf längere Frist angelegten losen Zusammenschluss von Bürgern.
Die Arbeit der Bürgerinitiativen machte deutlich, dass sich
die hier engagierten Bürger nicht mehr ausreichend durch das repräsentative
Parteiensystem vertreten fühlten und es als weitestgehend bürgerfern
empfanden.
[vgl. Sontheimer: 1995, S. 203 f.)
Bewertung
von Bürgerinitiativen
Bürgerinitiativen
bieten zumeist als kommunalpolitisch orientierte Interessenvertretungen
den BürgerInnen vor allem auf lokaler Ebene wichtige Möglichkeiten
demokratischer Mitwirkung und stellen sich teilweise auch direkt
zur Wahl. Jedoch bleibt die "Konzentration auf eine konkrete Einzelfrage"
ein charakteristisches Merkmal von Bürgerininitiativen.
[vgl. Rudzio: 1991]
Neue
Beteiligungsrechte als alternative Partizipation
Mit
Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung von 1994 ist in Nordrhein-Westfalen
die direktdemokratische Bürgerbeteiligung durch die Aufnahme von
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid verstärkt worden: Alle Wahlberechtigten
können auf lokaler Ebene beantragen, dass sie anstelle des Rates
über eine kommunalpolitische Angelegenheit selbst entscheiden möchten.
Dieser Antrag der BürgerInnen ist das sogenannte "Bürgerbegehren".
Er muss in Schriftform vorliegen und eine Frage enthalten, die mit
"Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann. Gleichzeitig muss ein
Finanzierungsvorschlag vorliegen, falls Kosten durch den Inhalt
des Begehrens entstehen. Für ein Bürgerbegehren muss eine bestimmte
Anzahl an Unterschriften der stimmberechtigten Bürgern vorliegen.
Der Rat kann anschließend im Sinne des Bürgerbegehrens entscheiden
oder die Abstimmung den Bürgern im Rahmen eines sogenannten "Bürgerentscheids"
vollständig überlassen. Der Bürgerentscheid räumt den BürgerInnen
echte Entscheidungsrechte ein, da hierbei alle Wahlberechtigten
in einer Abstimmung die "Letztentscheidung" über eine kommunale
Sachfrage treffen.
Entscheidet sich bei der Abstimmung die Mehrheit für den Antrag,
ist der Bürgerentscheid erfolgreich. Diese Mehrheit muss aber mindestens
25 Prozent aller Wahlberechtigten umfassen.
[vgl. Paust: 1999, http://www.buergerbegehren.de].
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