M 49 Tradierte Rollenvorstellungen  
   

Schon ein Blick in die Schule macht deutlich, dass tradierte Rollenvorstellungen bis heute die Verhaltensweisen, Orientierungen und Perspektiven von Frauen und Männern prägen. Viele Mädchen trauen sich in den naturwissenschaftlich-technischen Unterrichtsfächern nur wenig zu, während viele Jungen die sprachlich-künstlerischen Fächer meiden. Das sind (Selbst-) Einschätzungen, die die Lernmotivation und den Lernerfolg von Mädchen und Jungen schon früh beeinflussen und bis in die Berufs- und Studienwahl hinein wirken.

Perspektivwechsel
Die aktuelle Debatte um die Koedukation zeigt, dass hier bereits ein Perspektivwechsel im Gange ist: Wo einerseits Mädchen und Frauen selbstbewusster werden und ihre Rechte aktiv einfordern und wo andererseits auch Männerrollen ins Wanken geraten, da müssen sich Mädchen und Jungen neu orientieren und auch neu orientieren können. Daraus ergibt sich der Auftrag, im Unterricht die Lebensbedingungen und Rollenvorstellungen von Mädchen und Jungen in ihren individuellen Fähigkeiten und Begabungen optimal zu fördern. In NRW suchen die Schulen neue Wege, bei den Mädchen das Interesse an Technik und Naturwissenschaften systematisch zu wecken - und entsprechend auch bei den Jungen die sprachlichen und sozialen Kompetenzen stärker zu fördern. Bekanntermaßen haben Mädchen beim Übergang ins Berufsleben mehr Schwierigkeiten als Jungen. Mädchen müssen besonders unterstützt werden, ihre Ansprüche an Arbeit und Beruf selbstbewusst zu artikulieren und durchzusetzen. [...] Schon in der Schule soll den Mädchen ein möglichst breites Spektrum an Berufswahlmöglichkeiten eröffnet und ihre Bereitschaft zur Übernahme leitender Funktionen gestärkt werden. [...] Alles in allem gibt es in den Schulen und Hochschulen eine Vielzahl von Programmen und Initiativen, die persönliche und berufliche Weiterentwicklung von Mädchen und Frauen unterstützen. Doch hier wie dort zeigt sich, wie Recht die Autorin Dale Spender hat, wenn sie schreibt: "Schulen können nicht lehren, was die Gesellschaft nicht weiß." Wer Veränderung will, der muss in allen Bereichen die tradierten Geschlechterrollen bewusst machen und aufbrechen.

(Aus: Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW (Hrsg.): Wir Frauen in NRW, Sonderheft März 1999, S. 10-11)

Begriffserklärungen:
tradiert = weitergeben/ überliefert;
Koedukation = gemeinsame Erziehung von Jungen und Mädchen in der Schule (<=> reine Mädchen- oder Jungenschulen);
individuell = auf den einzelnen Menschen bezogen;
optimal = bestmöglich;
Kompetenzen = Fähigkeiten;
artikulieren = aussprechen / ausdrücken;
Spektrum = Bandbreite / Vielfalt

Arbeitshinweise:

1. Welche Unterschiede in der Berufs- und Lebensplanung von Mädchen und Jungen werden in diesem Artikel genannt?
2. Wie versucht die Autorin, diese Unterschiede zu erklären? Welche Faktoren nennt sie?
3. Welche Lösungsansätze für die Zukunft ergeben sich daraus für sie?
4. Wie beurteilst du diese Lösungsansätze? Sind sie sinnvoll/unsinnig, ....?
5. Könntest du dir noch andere Lösungen (konkrete Maßnahmen) vorstellen, und wie sähen diese aus?

 

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