M 8a Die CD-ROM weiß alles - nicht nur Freude über das "Elektronische Telefonbuch"  
   

Die CD-ROM weiß alles - nicht nur Freude über das "Elektronische Telefonbuch"
Seit Anfang der 90iger Jahre hat auch in den privaten Bereich der PC-Nutzung ein Datenträger Eingang gefunden, für den es bis heute keinen deutschen Namen gibt: Die CD-ROM (compact disc - read only memory). Diese Speicherplatte, die äußerlich identisch mit der bekannten Musik-CD ist, kann - anders als die Festplatte des PC - nur gelesen, in ihrem Dateninhalt (durch Überschreiben) jedoch nicht verändert werden. [...]
Die sehr große Speichermöglichkeit der CD-ROM ermöglicht Anwendungen, die vordem nur auf größeren Rechnern möglich waren. Besonderes Aufsehen - sowohl freudiges Interesse, aber auch scharfe Kritik - lösten bundesweite "Elektronische Telefonbücher" aus, insbesondere das eines Anbieters, der Anfang 1995 eines herausbrachte, das auch nur einen Bruchteil der Konkurrenzprodukte kostete.
Neu war auch die Möglichkeit der bundesweiten Suche eines Telefonteilnehmers: Gibt man z.B. den Namen eines ehemaligen Mitschülers ein, den man seit dem Schulende aus den Augen verloren hat, findet ihn die CD-ROM-Datenbank und zeigt seine Anschrift und seine Telefonnummer auf dem Bildschirm an. Voraussetzung ist dabei, dass er seinen Telefonanschluß auch hat ins Telefonbuch eintragen lassen, was allerdings immer noch über 90% aller Telefonkunden tun.
Bereits diese Neuerung blieb nicht ohne Kritik: Viele Bürger legen gar keinen Wert darauf, von ehemaligen Mitschülern "wiederentdeckt" zu werden, auch Geschiedene wollen oft im Sinne eines Neubeginns vom ehemaligen Ehepartner keineswegs auf diese Weise "wiedergefunden" werden. Auch weitere "komfortable Suchmöglichkeiten" stießen und stoßen auf Kritik: So nennt einem die Datenbank auch alle Telefonteilnehmer, die in einem bestimmten Haus, gar in einer bestimmten Straße wohnen. Die Bürger, die sich bei mir beschwert haben, sind zwar damit einverstanden, dass ihr Name, ihre Anschrift und ihre Telefonnummer ins Telefonbuch eingetragen sind. Sie haben aber nicht gewollt, dass diese Daten in einem elektronischen Auskunftssystem mit seinen vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten angeboten werden.

Auf noch schärfere Kritik stieß eine weitere Neuerung, die "Inverssuche": Hierbei sagt einem die Datenbank nicht die Telefonnummer eines bestimmten Anschlussinhabers, vielmehr sagt sie einem - nach Eingabe einer Telefonnummer - wer der Inhaber dieses Anschlusses ist, wo er wohnt und ggf., welchen Beruf er hat. Diese Form der Suche ist oftmals von großer Bedeutung für die Ermittlungsarbeit der Polizei und andere Sicherheitsbehörden (s.o. Nr. 10.1.5 ). Das gilt z.B. dann, wenn bei einem festgenommenen Straftäter Telefonnummern gefunden werden, die möglicherweise Mittätern zuzurechnen sind und die es zu ermitteln gilt.
Wird den Sicherheitsbehörden diese Suchmöglichkeit auch eingeräumt, so wollen sehr viele Bürger sie jedoch keineswegs jedermann zugestehen.

Anfang 1995 enthielt das geltende Recht keine besondere Regelung für elektronische Verzeichnisse. Entsprechend war die datenschutzrechtliche Bewertung problematisch und die Rechte der Betroffenen waren nur mangelhaft gewahrt. Ich hatte daher seinerzeit gesetzliche Klarstellungen gefordert, damit der Bürger selbst in der Lage ist, die Entscheidung über die Verwendung seiner Daten treffen zu können. Er sollte nicht nur wissen, welche Verwendungsmöglichkeiten für seinen Eintrag bei der Aufnahme ins Telefonbuch bestehen, darüber hinaus war es erforderlich, dass er nicht nur bestimmen konnte, dass seine Daten nicht oder verkürzt ins Telefonbuch eingetragen wurden, sondern auch dass er den Eintrag auf gedruckte Verzeichnisse beschränken konnte.

Ich habe diese Problematik mit großem Nachdruck bei den Beratungen zur Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung (TDSV) vorgetragen und habe erreichen können, dass in dieser dem Telefonkunden ein solches abgestuftes Widerspruchsrecht eingeräumt wurde (s.o. Nr. 10.2.1 ). Seit deren Inkrafttreten - also dem 19. Juli 1996 - kann in der Tat jeder Telefonkunde selbst entscheiden, ob er überhaupt - und in welcher Form - in ein Verzeichnis eingetragen werden möchte und ob dies lediglich in gedruckte oder aber auch in elektronische Verzeichnisse, wie der CD-ROM, geschehen soll. Diese Rechtsposition der Telefonkunden ist durch § 89 Abs. 8 TKG noch in der Weise verstärkt worden, dass Name, Anschrift und zusätzliche Angaben, wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer, nur dann in öffentliche gedruckte oder elektronische Verzeichnisse eingetragen werden dürfen, soweit der Kunde dies beantragt. Hat ein Telefonkunde von seinen Rechten Gebrauch gemacht, wird seine Telefonbucheintragung entsprechend gekennzeichnet. [...]. Nimmt ein Anbieter die im Telefonbuch gekennzeichneten Anschlusseintragungen trotzdem in sein CD-ROM-Telefonverzeichnis auf, verletzt er damit unwiderlegbar schutzwürdige Interessen der Betroffenen und unterliegt somit den im Bundesdatenschutzgesetz vorgesehenen Sanktionen. Damit ist jetzt für die betroffenen Telefonkunden die Möglichkeit gesichert, bei Zuwiderhandlungen ihre Interessen rechtlich durchzusetzen. [...]

(Aus: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz. Informationsmaterial. http://www.bfd.bund.de/information/bericht/b9596120.htm

Arbeitshinweise:

1. Welche zusätzlichen Möglichkeiten eröffnet das elektronische Telefonbuch gegenüber herkömmlichen Telefonbüchern?
2. Warum ist die hier unter "Inverssuche" angesprochene Verknüpfung von Informationen problematisch?
3. Welche Regelungen konnte der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung durchsetzen?

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