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STATISTIK: Die Volkszählung wird abgeblasen
Von Regina Krieger
Innenminister Friedrich Zimmermann sah den "Rechtsstaat Bundesrepublik
Deutschland" herausgefordert, auf Hauswänden in Bremen prangte das Graffito
"no name", Bürgerinitiativen diskutierten, ob sie den Zählern die Tür
aufmachen sollten oder nicht, und Politiker wiederum warnten vor Boykott-Aufrufen.
Die anstehende Volkszählung polarisierte zwölf Monate vor dem Orwell-Jahr
1984 die Menschen in der Bundesrepublik.
Die Befürchtung, der Staat wolle den "gläsernen Menschen", alles über
seine Bürger wissen, alarmierte viele Gruppen der Bevölkerung, das Thema
Volkszählung beherrschte die politische Diskussion. Nur ein Beispiel
von vielen: Die Gewerkschaft der Polizei rief ihre Mitglieder dazu auf,
nicht den Zähldienst mitzumachen - die Beamten waren wie andere Staatsbedienstete
dafür vorgesehen, von Haus zu Haus zu gehen. 100 Mark Buße sollten diejenigen
zahlen, die sich weigern würden, die blauen Fragebögen auszufüllen,
oder gar nicht erst den eigens geschulten "Zählern" aufzumachen. Doch
so weit kam es nicht. 14 Tage, bevor die Zählung beginnen sollte, verfügten
die Richter des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes am 27. April eine
Einstweilige Anordnung - die Volkszählung wurde abgeblasen. Am 15. Dezember
schließlich wurde das Gesetz für verfassungswidrig erklärt. 30 Millionen
Formulare kamen in den Reißwolf. Das Gericht, damals hieß der Vorsitzende
Ernst Benda, hatte unter anderem festgestellt, es hätte geprüft werden
müssen, ob nicht Auskünfte "die Gefahr der sozialen Abstempelung - etwa
als Drogensüchtiger, Vorbestrafter, Geisteskranker, Asozialer - hervorrufen
können". Die Richter argumentierten in der 76-seitigen Urteilsbegründung
mit der "informationellen Selbstbestimmung". Wer nicht mit hinreichender
Sicherheit überschauen könne, welche Informationen über ihn wo gespeichert
seien, werde in seiner persönlichen Freiheit wesentlich gehemmt. Besonders
eine Vorschrift des 1983 beschlossenen Volkszählungsgesetzes hatte Besorgnis
und Protest hervorgerufen: der sogenannte Melderegister-Abgleich. Danach
sollten Daten an Bundes- und Landesbehörden, Gemeinden und Verbände
weitergegeben werden - ein unüberschaubarer und nicht kontrollierbarer
Austausch von Datenbanken. Die Volkszählung fand einige Jahre später
dann doch statt, nach den Buchstaben eines neuen Gesetzes. Das Karlsruher
Urteil jedoch war zukunftsweisend, 1983 wurde die verfassungsrechtliche
Grundlage für den Datenschutz geschaffen.
(Aus:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/kultur/jahrhundert/1983/politik2.html)
Arbeitshinweise:
1. Erläutere kurz,
worum es in dem vorliegenden Text geht.
2. Womit begründete das Bundesverfassungsgericht die Aussetzung der
Volkszählung?
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