Erläuterungen (nach oben)
Die didaktische Aufgabe der „Identifikation
eines Entscheidungsfalles“ orientiert sich an der 1. Regel
und lässt sich in zwei Phasen gliedern: 1. Entscheidungsfall
identifizieren und 2. Spontanurteile abgeben.
1. Entscheidungsfall identifizieren
Ziel:
Maßgeblich ist in der Einstiegsphase, dass
die Schülerinnen und Schüler anhand ausgewählter Materialien (inklusive
Lehrerimpulse) motiviert werden, in einer politisch strittigen
Frage einen zur Entscheidung stehenden Konfliktfall herauszuarbeiten,
zu dem im folgenden Schritt eine eigene Position in Form eines (vorläufigen)
Spontanurteils zu beziehen ist.
Zunächst sollte ein auch aus Schülerperspektive
relevanter und in überschaubarer Zeit lösbarer Entscheidungsfall
gewählt werden. Ein problemorientierter Einstieg mit Bezügen
zum Interessen- und Kenntnishorizont der Schülerinnen und Schüler stellt einen
motivierenden Eröffnungszug dar, um den Prozess der Urteilsbildung
in Gang zu setzen.
Methoden:
Unter methodischem Gesichtspunkt bieten sich hier
als Unterrichtseinstiege an:
- Streitgespräch,
- Fragen an einen Text stellen,
- Karikatur interpretieren,
- Plakat analysieren,
- Zeitungsartikel mit kontroversen Positionen analysieren,
- Lehrer-/Schülerimpuls.
Arbeitsaufträge:
- Formuliere in eigenen Worten, worin der im Material "..." beschriebene Konfliktfall besteht.
- Worin genau besteht das Entscheidungsproblem?
- Soll man … oder soll man … nicht?
Typische Fehlerquellen:
- Die Betonung von Wissensfragen („Was ist…?“) zu Lasten der
Entscheidungsfrage („Soll man…?“/ “Soll man nicht…?“).
- Die politische Entscheidungsfrage wird vertagt, weil zunächst
Wissensfragen geklärt werden müssen.
2. Spontanurteile abgeben
Ziel:
Ist der Konfliktfall identifiziert, sollen
die Schülerinnen und Schüler trotz vorhandener Wissenslücken
ermutigt werden, Spontanurteile mit kurzen Begründungen zum
Entscheidungsfall abzugeben. "Ich bin dafür, dass..., weil...;
ich bin dagegegen, dass..., weil...!" Provozieren Sie Spontanurteile
der Schülerinnen und Schüler durch eine evtl. überzeichnende
Darstellung verschiedener Meinungen, falls das Material zu "1.
Entscheidungsfall identifizieren" nicht ohnehin bereits ein
kontroverser Text, sondern z.B. eine Karikatur oder ein Plakat
ist.
Vermitteln Sie in dieser Phase schon ansatzweise
die Grundidee des Unterrichtsvorhabens. Es gilt, die Qualität
dieser vorläufigen Urteile im Laufe des Prozesses schrittweise
zu verbessern. Überwinden Sie die emotionale Barriere,
sich des Spontanurteils auf Grund von falschem Perfektionismus
oder falscher Bescheidenheit zu enthalten. Es gilt: "Unwissen
schützt vor Urteil nicht!" - Ein Spontanurteil kann gar nicht
die fundierte Basis eines erweiterten Urteils haben; es muss
dennoch abgegeben werden. Ermutigen Sie die Schülerinnen und
Schüler also ruhig ins kalte Wasser zu steigen. Es geht in dieser
Phase schließlich um den Eintritt in den durchaus fruchtbaren
und lebendigen Prozess der Urteilsbildung.
Methoden:
- Sammlung der Spontanurteile und Begründungen auf Karteikarten
(Wandzeitung),
- Blitzlichtrunde,
- Abstimmung mit Einzelstatements,
- Folienschnipsel,
- Positionierung der Schülerinnen und Schüler im Klassenraum (pro/contra-Anordnung).
Arbeitsauftrag:
Der Arbeitsauftrag der schriftlich zu sammelnden
Spontanurteile kann wie folgt formuliert werden:
- Entscheide spontan, welcher Seite du zustimmen würdest
in Bezug auf die Frage „Soll man…?“.
Als möglichen Einstieg hinsichtlich des konkreten
Entscheidungsfalls „Sollen an unserer Schule Schuluniformen
eingeführt werden?“ finden Sie im Folgenden ein Arbeitsblatt
und zwei mögliche
Spontanurteile, die zur 2. und 3. Regel der Urteilsbildung
(Kriterien/Sachverhalte) führen.
Typische Fehlerquellen:
- es wird im Streitfall nur eine Position vertreten,
- es werden keine Begründungen genannt,
- die Schülerinnen und Schüler tun sich schwer, ein Spontanurteil
abzugeben, hinter dem sie persönlich stehen, da sie Angst
haben, Fehler zu machen oder sich zu blamieren,
- es erfolgen keine Festlegungen, sondern nur Enthaltungen.
|