Zeitungsanalyse
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 
 Planungshinweise
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 Struktur der Unterrichtsreihe
 

Ausgangspunkt und Grobstruktur

 Medien
 
 

Ideal scheint eine Unterrichtsreihe meines Erachtens dann eingeführt worden zu sein, wenn die Fragestellung beziehungsweise das Unterrichtsvorhaben von Seiten der Lernenden gewünscht wurde. Denn nur dann kann die Motivation langfristig eine mehrwöchige Zeitungsanalyse tragen. Vordergründig ist es dabei uninteressant, von welchem Fach der Impuls ausgeht. Hier bietet sich beispielsweise der Deutschunterricht an. Die Tageszeitung ist hier ein häufig aus unterschiedlichen Blickwinkeln thematisiertes Medium, bei dem es nicht nur um Analyse, sondern auch um das Erstellen eigener Texte beziehungsweise die Auseinandersetzung mit Fragen der Massenkommunikation geht. (Vgl. Mittelberg 1994, S. 396 – 408) . Generell vermag der Deutschunterricht exemplarisch auch die meinungsbildende Funktion der Zeitung herauszuarbeiten. Bei einer Analyse der Kommentarspalten führt dies zwangsläufig zu der Frage, inwiefern die Meinungsbildung politisch neutral geschieht. Der Verweis von der zuerst erprobten qualitativen Inhaltsanalyse zu der Möglichkeit, die Tagespresse auch quantitativ analysieren zu können, führt zum interdisziplinären Arbeiten, der Abgabe des Themas an den sozialwissenschaftlichen Unterricht.

Nicht notwendigerweise muss es sich hierbei um die logische Weiterführung eines Themenkomplexes durch allein eine weitere Wissenschaft handeln. Problemlos könnte bei dieser Bildungssequenz interdisziplinär gearbeitet werden: Kümmert sich der Deutschunterricht um das Zeitungswesen und die Ausdrucksformen zur Information, Meinungsbildung und Unterhaltung, so bietet der Mathematikunterricht Schützenhilfe durch die Erörterung statistischer Grundfragen. Die Informatik vermag die Anwendung von Hard- und Software vorzubereiten, im gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht wird die eigentliche Untersuchung, die quantitative Inhaltsanalyse als eine Form der empirischen Sozialforschung, durchgeführt. Bei einer abschließenden Bewertung vermag dann die Mathematik ebenso hilfreich zu sein, wie der Deutschunterricht bei der Veröffentlichung der Ergebnisse.

Kennzeichnend für die Strukturierung einer Arbeit in der empirischen Sozialforschung sind sieben Punkte: Am Anfang steht die Entwicklung einer Problemstellung. Es folgt die Formulierung einer Hypothese, danach deren Operationalisierung, die Präsentation und darauffolgende Interpretation der Daten, dann die Ergebnisformulierung sowie das Erarbeiten weiterführender Fragestellungen. Im folgenden finden sich diese sieben Punkte in den typischen vier Stationen von Projektarbeit wieder. Diese sind: eine aktuelle Problemstellung, eine strukturierte Projektplanung, die Projektarbeit selbst sowie die Überprüfung der Ergebnisse.


 


Einstieg

Die Lerngruppe weiß inzwischen, worum es in der Reihe gehen soll, nämlich um die Frage, ob eine bestimmte Tageszeitung eine bestimmte politische Partei bevorzugt darstellt. Dies bedeutet im Prinzip, dass auch das Verhältnis zwischen Presse und Politik aufgegriffen wird. Im folgenden geht es um den konkreten Einstieg in eine solche Sequenz.

Da der Untersuchungsgegenstand der realen Lebenssituation entnommen wurde, dürfte es nicht schwerfallen, auch einen aktuellen Aufhänger für den Einstieg in die Unterrichtsreihe zu finden. Dies könnte auf der einen Seite beispielsweise ein eigentlich Objektivität verlangender Zeitungsbericht über ein lokalpolitisches Thema sein, in dem deutlich wird, dass es mit der Neutralität der Tagespresse in diesem singulären Fall doch weit her ist.

Auf der anderen Seite könnte ein Artikel als Einstieg dienen, aus dem deutlich hervorgeht, dass es ein Lokalpolitiker hier geschafft hat, sich die Presse, oder zumindest eben einen Redakteur, zu unterwerfen. Hofberichterstattung, die nichts wirklich neues zu melden vermag, nur den einen Politiker oder die eine Partei von der besten Seite darstellt, fördert deutlich das Verhältnis zwischen Presse und Politik und damit auch Fragen zutage. Genau diese lassen sich dann auf die eine Fragestellung hin kanalisieren: Bevorzugt Tageszeitung X die Partei A in ihrer Berichterstattung?

Anstelle der vom Text ausgehenden Einstiege ist auch der Einsatz von Karikaturen möglich. Einerseits könnten den Schülerinnen und Schülern Karikaturen vorgelegt werden, die genau diese Thematik, das heißt das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis zwischen Politik und Presse, betreffen. Andererseits ist es möglich, die Vorurteile der Lernenden gegenüber der Tageszeitung und ihrer Berichterstattung in eigenen Karikaturen darzustellen. Diese Methode gleicht einem Brainstorming, da die Sichtweisen aller Schülerinnen und Schüler punktiert dargestellt werden. Die Provokation in den Karikaturen führt zu der Frage: "Ist das wirklich so?" und damit zur Bildung der gewollten Hypothese über die Bevorzugung einer Partei durch eine Tageszeitung. Diese Frage wird die Unterrichtsreihe tragen.

Vor allem jener Vorschlag ist dazu geeignet, die Sichtweise wirklich aller Schülerinnen und Schüler in die Ausarbeitung der Fragestellung mit einzubeziehen. Er bietet damit während der Sequenz für alle Teilnehmer auch die individuelle Möglichkeit der orientierenden Rückbesinnung auf die Ausgangsproblematik. Dies ist insofern wichtig, als dass die Unterrichtsreihe sich über einen langen Zeitraum hinzieht, während dessen den Lernenden nicht nur immer der aktuelle Stand bewusst sein muss, sondern eben auch Ausgangspunkt und Fragestellung. Nur so lässt sich durch die permanente Begründung des eigenen Tuns auch die Motivation aufrechterhalten, die gebraucht wird, um mehrere Wochen Zeitungsartikel zu sammeln, zu lesen und auszuwerten. Daneben dienen die eigenen Karikaturen zum Schluss der Reihe als Ausgangspunkt für die Interpretation der Ergebnisse und bilden somit einen Rahmen um diese Projektarbeit. Mit ihrem erneuten Einsatz verbindet sich die Frage, ob sich die in den Karikaturen geäußerten Hypothesen, Vermutungen und Vorurteile bestätigt haben oder verworfen werden müssen.

Bereits im ersten Teil der vorliegenden Bildungssequenz muss entschieden werden, ob man wirklich direkt dazu kommen möchte, die Kernhypothese aufzustellen, um dann möglichst zielstrebig mit der praktischen Analysearbeit beginnen zu können, oder ob eine zwischengeschaltete Erarbeitungsphase die besondere Stellung der Tageszeitung in der Medienlandschaft beziehungsweise deren Lektüre als Freizeitbeschäftigung thematisiert werden sollen. Es bieten sich Exkurse an, die die wirtschaftliche Situation der Lokalpresse beleuchten und den Aufbau der Tageszeitung genauer analysieren, um so letztendlich Analysekriterien aufstellen zu können beziehungsweise vorgegebene Kriterien verstehen zu können. Materialien zu diesen Bereichen finden sich im Anhang und in den zitierten Werken.

Wird dieser Weg beschritten, scheint eine intensive Einführung in die quantitative Inhaltsanalyse als Methode der empirischen Sozialforschung wenig empfehlenswert, da sie erst im Verlauf der Reihe zum Einsatz kommen soll. Werden die Hintergrundinformationen über das Verhältnis von Presse und Politik jedoch nicht thematisiert, kann bedenkenlos eine fundierte Erarbeitungsphase zur quantitativen Inhaltsanalyse durchgeführt werden. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass die Reihe damit einen anderen Schwerpunkt setzt. Sinnvoll ist es, diese Entscheidung zusammen mit der Lerngruppe zu treffen, da die Schülerinnen und Schüler somit auch direkt über ihr Arbeitspensum entscheiden. Wie sie dieses – auch zeitlich - bewältigen wollen, ist dann die entscheidende Frage der Planungsphase.


 

 

 

 

 
 

www.projekt-wahlen2002.de und www.forschen-mit-grafstat.de sind Projekte
der Bundeszentrale für politische Bildung
www.bpb.de Koordinierungsstelle Medienpädagogik/Fachbereich Multimedia
Projektkoordination: Tilman Ernst und des Teams von
www.pbnetz.de an der Universität Münster
unter der Leitung von Dr. Wolfgang Sander, Andrea Meschede und Ansgar Heskamp.

Bundeszentrale für politische Bildung

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