Didaktische Hinweise
"Historisch gesehen ist die Wandzeitung als Mittel der Agitation und politischen
Meinungsäußerung in der Sowjetunion entstanden. (...) In Deutschland und im
übrigen Westeuropa wurde ab 1968 die Wandzeitung auch von der studentischen
Protestbewegung und anderen, sich als basisdemokratisch bezeichnenden Bewegungen
als Mittel der Gegeninformation eingesetzt, weil man die Berichterstattung der
Massenmedien als einseitig oder irreführend ansah. Heute findet man in jeder
Hochschule Wandflächen, auf denen Studierende in Art einer Wandzeitung ihre
Meinung zu bestimmten Fragen oder Maßnahmen kundtun. (...) Im schulischen Bereich
wird die Wandzeitung seit 1924 von dem französischen Pädagogen C. Freinet und
der von ihm gegründeten Bewegung Ecole Moderne eingesetzt. (...)
In der Schule findet man zum einen die Wandzeitung, die von Schülern angefertigt
wird und aus einer Sammlung von Zeitungsausschnitten über das politische, wirtschaftliche
und kulturelle Geschehen besteht und mehr der Information der Mitschüler dient.
Damit Schüler lernen, sich kritisch mit dem politischen Tagesgeschehen und den
darüber in den Medien abgegebenen Berichten und Stellungnahmen auseinanderzusetzen,
empfiehlt es sich, im Klassenzimmer eine Pinnwand einzurichten. Nach den besonderen
Interessen der Schüler werden während einer Woche oder eines längeren Zeitraumes
gezielt Artikel aus Tageszeitungen gesammelt und angeschlagen. (...)
Die zweite Art der schulischen Wandzeitung hält das soziale und schulische
Geschehen innerhalb einer Gruppe/Klasse fest und stellt es zur Diskussion. Sie
regelt ein lebendiges Miteinander, das innere soziale Geschehen der Gruppe/Klasse.
Diese Arbeitstechnik geht auf Freinet zurück. Um alle in einer Klasse vorkommenden
Probleme in Selbst- und Mitverantwortung der Schüler regeln zu können, ließ
er wöchentlich ein journal mural (Wandzeitung) anfertigen. Diese Wandzeitung
ist in folgende vier Felder eingeteilt:
Wandzeitung der Klasse ... für die Zeit vom ... bis ...
- Wir wünschen...
- Wir kritisieren...
- Wir haben realisiert...
- Wir beglückwünschen...
Die Wandzeitung dient zur Eintragung aller persönlichen Bemerkungen der Schüler/innen,
ihrer Wünsche, Vorschläge, ihrer Erfolge und ihrer Kritik. Jede Eintragung ist
mit dem Namen des eintragenden Schülers/ der eingetragenen Schülerin versehen.
Anonyme Eintragungen gibt es nicht, da es für die politische Erziehung wichtig
ist, dass jeder lernt, für sein Handeln einzustehen. Am Ende jeder Woche werden
die Eintragungen regelmäßig besprochen. Gemeinsam wird beraten, wie ein angerichteter
Schaden repariert, eine Fehlhaltung korrigiert, ein Problem gelöst wird oder
Wünsche werden können."
Hans Jörg, Wandzeitung und Plakat, in: Mickel 1999, S. 457ff.
Einsatzmöglichkeiten
Eine Wandzeitung dient zur Präsentation der Arbeitsergebnisse und ist daher
als zusammenfassender Abschluss der Erarbeitungsphase zu sehen. Thematisch bietet
sich die Wandzeitung an, wenn entweder ein Projekt (z.B. eine Wahlprognose)
dokumentiert werden soll oder wenn ein gerade brandaktuelles Thema im Unterricht
behandelt wird und man die Mitschüler/innen darüber informieren will.
Literatur
Wolfgang W. Mickel (Hrsg. ), Handbuch zur politischen Bildung, Schriftenreihe
der Bundeszentrale für politische Bildung Band 358, Bonn 1999.
Günter Gugel, Methoden im handlungsorientierten Politikunterricht, Kieser
Verlag GmbH 1996, S. 72ff. Zeitungsanalyse, CD-Rom, Bundeszentrale für
politische Bildung, Bonn 1999/2001.