Die vorliegende Unterrichtsreihe 'Wahlanalyse und Wahlprognose im Unterricht'
ist so konzipiert, dass sie dem Lehrer/der Lehrerin praktische Hilfestellung
für die Planung und Durchführung von politischem Unterricht an die Hand geben
will.
Um die häufig beklagte Praxisferne didaktischer Materialien zu überwinden,
sind die folgenden Vorschläge in den vergangenen Jahren an verschiedenen Schulen
in den alten und neuen Bundesländern durchgeführt und erprobt worden, so dass
sie den 'Praxistest' bereits bestanden haben und als bewährt gelten können.
Es handelt sich nicht um eine abgeschlossene Unterrichtsreihe, die 'sklavisch'
von der ersten bis zur letzten Einheit von der Lehrperson durchzuführen ist,
sondern um eine Konzeption, die nach dem Bausteinprinzip aufgebaut ist und entsprechend
eingesetzt werden kann. Die Reihe besteht aus insgesamt sieben Bausteinen mit
den inhaltlichen Schwerpunkten, die im linken Rahmen aufgeführt sind. An dieser
Stelle muß einem Mißverständnis vorgebeugt werden: Vorgestellt werden keinesfalls
einzelne Unterrichtsstunden, sondern thematische Schwerpunkte verfolgende Unterrichtseinheiten,
deren Bearbeitung durchaus mehrere Unterrichtsstunden in Anspruch nehmen kann.
Dabei sollten vom Lehrenden Schwerpunkte gesetzt werden, indem einige Sequenzen
ausgewählt und intensiver behandelt, andere hingegen gekürzt, variiert oder
indem zuweilen ganz auf ihre Behandlung verzichtet wird. Häufig werden Erweiterungen
angeboten, deren Erarbeitung - je nach Lernvoraussetzungen und Interessen der
Lerngruppe bzw. dem zur Verfügung stehendem Zeitbudget - von der konkreten Unterrichtssituation
abhängt und damit ganz in das Ermessen der Lehrperson gestellt wird.
Es besteht auch nicht die Notwendigkeit, alle Bausteine komplett zu behandeln.
So kann beispielsweise ebenso die lokale Wählerbefragung durchgeführt werden,
ohne zuvor auf die Bausteine 2 bis 6 einzugehen. In diesem Fall kann vom Baustein
1 (Einführung und Planungsgespräch), Variante 2 direkt zu Baustein 7 (Wählerbefragung
und Wahlprognose) übergegangen werden; auf eine eigene lokale Wählerbefragung
ganz verzichtet werden und auf die erhobenen Daten der Schüler/innen in Münster
zurückgegriffen werden, um Grundbegriffe der Wahlforschung einzuführen; die
intensive Erarbeitung grundlegender Elemente der Bausteine 1 bis 6 der Wählerbefragung
vorgeschaltet werden. Der hier erforderliche Zeitrahmen bis zum Beginn der Befragung
wird nach unseren Erfahrungen mindestens 16 Unterrichtsstunden betragen
Die einzelnen Bausteine enthalten ein in Phasen gegliedertes Artikulationsschema
des Unterrichtsverlaufs sowie einen didaktischen Kommentar zu Inhalt, möglichen
Intentionen, Methoden und Medien. Besonderen Wert wurde auf die Zuordnung und
Erläuterung der vorgesehenen Materialien wie Karikaturen, Graphiken, Arbeitstexte
und Arbeitsblätter gelegt, die sich im Materialteil befinden. Darüber hinaus
enthält dieser noch einige zusätzliche Materialien, die fakultativ in den Unterricht
integriert werden können. Einzelne Texte wurden bereits mit Arbeitsaufträgen
versehen; auch wurden Tafelbilder entworfen, auf die im Kommentar verwiesen
wird. Beim Einsatz handlungs- und erfahrungsorientierter Methoden wie Rollenspiele,
Pro- und Contra-Diskussionen, Wandzeitung etc. wird - um den Praxisbezug der
Unterrichtsvorschläge zu erhöhen - auf besondere Vorgehensweisen und eventuell
auftretende Schwierigkeiten hingewiesen.
Um dem speziellen Prozeßcharakter Rechnung zu tragen, wurde bei Baustein 7
(Wählerbefragung und Wahlprognose) auf eine in übliche Phasen gegliederte Verlaufsplanung
verzichtet. Vielmehr wurden die notwendigen Arbeitsschritte in Form einer 'Check-Liste'
angelegt, die wiederum um eine Fülle hilfreicher Hinweise und praktischer Tips
für die Lehrperson ergänzt wurde.
Die Unterrichtskonzeption ist einem größtmöglichen Maß an Schülerorientierung
verpflichtet. Mit der Erstellung einer lokalen Wahlprognose wird Politik 'vor
Ort' erfahrbar gemacht, was die Anbindung an die unmittelbare Lebens- und Erfahrungswelt
der Schüler/innen gewährleistet. Gleichzeitig vermag der Einsatz des Computers
als Werkzeug im Politikunterricht ein wichtiges Element der heutigen Medienwelt
techniksozialisierter Jugendlicher in den Unterricht einzubinden. Insbesondere
Mädchen können hier wichtige Erfahrungen sammeln und möglicherweise vorhandene
Berührungsängste mit dem Medium abbauen, indem sie die Bestätigung finden, dass
sie in kurzer Zeit in der Lage sind, einen Computer zu bedienen, z.B. Daten
einzugeben und diese kompetent auszuwerten.
Ferner orientiert sich die Unterrichtsreihe am Konzept der 'Öffnung von Schule'
und bemüht sich um eine verstärkte Integration handlungs- und produktorientierter
Elemente in den gewohnten Schulalltag. Dabei kommt es wesentlich darauf an,
die Schüler/innen am Unterrichtsprozeß zu beteiligen und ihnen die konkrete
Erfahrung zu vermitteln, dass ihre Vorstellungen und Erwartungen ernst genommen
werden und im Unterricht Berücksichtigung finden. Diese Wirkung wird dadurch
verstärkt, dass die im Unterricht oder in der außerschulischen Bildungsarbeit
erstellten Produkte (z.B. die Wahlanalyse und -prognose) einer interessierten
Öffentlichkeit präsentiert werden. Die dadurch ausgelöste positive Resonanz
dürfte das Interesse der Jugendlichen an politischen Sach- und Streitfragen
nachhaltig verstärken.