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Januar
Wolfgang Schäuble gibt zu, von Waffenhändler Karlheinz Schreiber
eine Spende von 100.000 DM erhalten zu haben. In den CDU-Kassenbüchern
werden weitere Millionen unbekannter Herkunft entdeckt, die aus Amtszeit Kohls
stammen. Währenddessen gerät die Hessen CDU ins Zentrum der
Kritik: Ministerpräsident Koch bestätigt, dass 18 Millionen DM auf
Schweizer Konten lagen. Die politische Verantwortung übernimmt Manfred
Kanther. Die Opposition fordert den Rücktritt Kochs, da dieser einen Teil
seines Wahlkampfes aus diesen schwarzen Kassen finanziert hat.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 28.1.2000:
CDU/CSU 32%, SPD 42%, Grüne/B‘90 7%, FDP 7%, PDS 7%, Rep/DVU/NPD 3%, Sonstige
2%
Februar
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse verhängt gegen die CDU wegen falscher
Rechenschaftsbberichte eine Buße von 41,3 Millionen Mark. Schäuble tritt als
Partei- und Fraktionsvorsitzender zurück. Er macht damit den Weg frei für seine
Nachfolger Angela Merkel und Friedrich Merz, um einen Neuanfang der CDU zu markieren.
Schäuble sieht sich aber nicht als wesentlicher Akteur in der Spendenaffäre,
sondern in erster Linie als Opfer einer parteiinternen Intrige. Dabei nennt
er keine Namen - insbesondere die Familie Schäubles erhebt in Interviews aber
schwere Vorwürfe gegen Helmut Kohl. Schäuble selbst äußert sich in seinen letzten
Tagen als CDU-Parteichef zu den Vorgängen: "Das Maß, wie hier gelogen wird,
wie mit Falschaussagen und Unterstellungen operiert wird, wie immer neue Fährten
aus dem Handbuch der konspirativen Desinformation getrieben werden - das war
ein Kampf zur Vernichtung von mindestens einer Person."
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 25.2.2000:
CDU/CSU 31%, SPD 43%, Grüne/B‘90 8%, FDP 8%, PDS 7%, Rep/DVU/NPD 2%, Sonstige
1%
März
Helmut Kohl hat für die CDU sechs Millionen Mark Spenden zur Wiedergutmachung
gesammelt. 700 000 DM hat er davon selbst erbracht, über eine Hypothek auf sein
Haus. Unter den weiteren Spendern befinden sich viele Prominente, vor allem
aus der Wirtschaft. So spendete der Medienunternehmer Leo Kirch (u.a. Sat 1)
1 000 000 DM, der Verlagschef der Essener WAZ-Gruppe, Erich Schumann, 800 000
DM. Das langjährige Mitglied der SPD wurde daraufhin aus seiner Partei ausgeschlossen.
Brisant an der Spendenaktion ist vor allem, dass die CDU durch die Spenden
noch weit stärker profitiert, weil sie für jede gespendete Mark noch 0,50 DM
staatliche Unterstützung erhält.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 31.3.2000:
CDU/CSU 33%, SPD 41%, Grüne/B‘90 7%, FDP 8%, PDS 7%, Rep/DVU/NPD 2%, Sonstige
2%
April
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse verhängt gegen die CDU wegen falscher
Rechenschaftsbberichte eine Buße von 41,3 Millionen Mark. Schäuble tritt als
Partei- und Fraktionsvorsitzender zurück. Er macht damit den Weg frei für seine
Nachfolger Angela Merkel und Friedrich Merz, um einen Neuanfang der CDU zu markieren.
Schäuble sieht sich aber nicht als wesentlicher Akteur in der Spendenaffäre,
sondern in erster Linie als Opfer einer parteiinternen Intrige. Dabei nennt
er keine Namen - insbesondere die Familie Schäubles erhebt in Interviews aber
schwere Vorwürfe gegen Helmut Kohl. Schäuble selbst äußert sich in seinen letzten
Tagen als CDU-Parteichef zu den Vorgängen: "Das Maß, wie hier gelogen wird,
wie mit Falschaussagen und Unterstellungen operiert wird, wie immer neue Fährten
aus dem Handbuch der konspirativen Desinformation getrieben werden - das war
ein Kampf zur Vernichtung von mindestens einer Person."
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 25.2.2000:
CDU/CSU 31%, SPD 43%, Grüne/B‘90 8%, FDP 8%, PDS 7%, Rep/DVU/NPD 2%, Sonstige
1%
Mai
Bundeskanzler Schröder und die Koalition befinden sich gestärkt von den aktuellen
Wirtschaftsdaten im Aufwind. Das Wachstum in 2000 und 2001 soll jeweils
etwa 2,8 % betragen und die Wirtschaft sich beleben. Gleichzeitig wird ein weiterer
Rückgang der Arbeitslosenzahlen prognostiziert.
Bei den Landtagswahlen in NRW gibt es bei sehr geringer Wahlbeteiligung
von 56,7 % eine Überraschung. Wie erwartet gewinnt die SPD die Wahl mit 42,8
% (-3,2 %) vor der CDU (-0,7 %), die 37,0 % aus sich vereinen kann. Die Grünen
schaffen mit 7,1 % (-2,9 %) den Sprung in den Landtag. Strahlender eigentlicher
Sieger sind Jürgen Möllemann und die FDP, die mit 9,8 % den Wiedereinstieg in
den Landtag schaffen und 5,8 % zulegen können. Die Sitzverteilung im Landtag
sind damit folgendermaßen aus: SPD 102, CDU 88, Grüne 17 und FDP 24. Möllemann
bietet sich der nordrhein-westfälischen SPD als Koalitionspartner an. NRW-Ministerpräsident
Wolfgang Clement spielt öffentlich mit dieser Alternative, zumal der geschwächte
Koalitionspartner, die Grünen, so wohl sein Kalkül, zu mehr Zugeständnissen
bereit ist. FDP und SPD hätte in einer Koalition vielleicht noch weniger
Konfliktpunkte, als es in der Weiterführung der rot-grünen Koalition gegeben
hätte. So haben sich die Positionen in Wirtschafts- und Bildungspolitik
stark angenähert. Vor allem aber die SPD-Regierung brachte die NRW-SPD
wieder auf Kurs, da von einem Bruch zwischen rot-grün in NRW gefährliche
Signale für die rot-grüne Regierungsarbeit ausgegangen wären. In der Neuauflage
der rot-grünen Koalition regiert Klement mit einer Mehrheit von nur sieben Stimmen.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 26.5.2000:
CDU/CSU 36%, SPD 40%, Grüne/B‘90 6%, FDP 9%, PDS 5%, Rep/DVU/NPD 2%, Sonstige
2%
Juni
Bundesverteidigungsminister Rudolph Scharping legt seine Pläne zu einer Bundeswehrreform
vor. Wichtige Eckdaten, die Scharping aber nur zum Teil übernimmt, sind zuvor
in einer Expertenkommission unter Leitung des Bundespräsidenten a.D. Richard
von Weizsäcker ausgearbeitet worden. Die Truppe soll von 323 000 auf 280 000
Soldaten reduziert werden, die Kommission forderte eine Verkleinerung auf 240
000 Soldaten. Auch die Hälfte der rund 600 Garnisionen, entsprechend der Forderung
der Kommission, möchte Scharping nicht auflösen. Außerdem sollen noch mindestens
22 000 Extraposten in einem "Schüler-Etat" für Soldaten, die eine zivile Ausbildung
oder einen Erziehungsurlaub absolvieren, bereitgestellt werden. Finanzminister
Eichel weigert sich aber, für die teuren Pläne zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen.
Der Wehretat soll, wie geplant, von 45,3 Milliarden im Jahr 2000 auf 43,7 Milliarden
Mark im Jahr 2003 sinken.
Die im Juni stark steigenden Ölpreise bringen die Debatte um die Öko-Steuer
erneut in Gang. Innerhalb weniger Tage ist der Benzinpreis zuvor um 13 Pfennig
gestiegen - ein gefundenes Fressen für die Boulevardzeitungen und -magazine.
Obwohl auch die Opposition sich bewusst ist, dass nur ein Bruchteil der Preiserhöhungen
auf die Ökosteuer zurückzuführen ist, fordert die FDP eine Aussetzung der Ökosteuer
und der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel sogar die Abschaffung
der Ökosteuer. Wie sehr die Stimmungslage durch die Benzinpreise negativ beeinflusst
wird, zeigt sich wohl am besten an einer übereilten Aktion Schröders. Er wolle
das Bundeskartellamt einschalten wegen angeblich sittenwidriger Preisabsprachen
der Ölfirmen. Tatsächlich hat die Aufsichtsbehörde aber gerade erst Abmahnungen
an einige Konzerne wegen Preisdumpings verschickt.
Bundeskanzler Gerhard Schröder und Umweltminister Jürgen Trittin einigen sich
bei den Atomkonsensgesprächen mit Vertretern der beteiligten Energiewirtschaftsunternehmen
auf einen Kompromiss. Die Restlaufzeit der deutsche Atomkraftwerke soll 32 Jahre
betragen, was weit länger ist, als die Grünen gefordert hatten. Dabei werden
die Laufzeiten flexibel gehandhabt - einige Kraftwerke können damit auch 35
Jahre und länger am Netz bleiben. Der Streit um den Reaktor Mühlheim-Kärlich,
der nie ans Netz gegangen war wegen fehlender rechtlicher Grundlagen und den
die Energieunternehmen in die Restlaufzeit miteinbeziehen wollten, ist beigelegt.
Die Unternehmen müssen von allen Forderungen gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz
zurücktreten. Vor allem von den Umweltverbänden wurde der Kompromiss stark kritisiert,
so etwa als "Betriebsgenehmigung auf Lebenszeit" oder als "Kniefall vor den
Atombossen". Für die Grünen wird es immer schwieriger, ihrem umweltpolitischen
Profil gerecht zu werden.
Der ehemalige nordrhein-westfälische Justizminister Burkhard Hirsch (FDP),
der den Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre leitet, legt seinen
Bericht vor. Akten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Raffinnerie in Leuna
an den französischen Konzern Elf-Aquitaine sind verschwunden, manipuliert und
falsch eingeordnet worden. Nach der verlorenen Bundestagswahl wurde 1998 eine
3 Gigabyte große Festplatte gelöscht, die ca. 1,2 Millionen beschriebenen Papier
Seiten entspricht. Hirschs Bericht erhärtet somit den Verdacht, dass Schmiergelder
an Kohl und die CDU geflossen sind.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 20.6.2000:
CDU/CSU 38%, SPD 39%, Grüne/B‘90 6%, FDP 9%, PDS 5%, Sonstige (inkl. Rep/DVU/NPD)
3%
Juli
Zentrales Thema ist die geplante Steuerreform der Bundesregierung, die
am 14. Juli erfolgreich mit 41 von 69 Stimmen den Bundesrat passiert hat. Notwendig
wären 35 Stimmen gewesen. Eckpunkte des Reformkompromisses sind eine Senkung
des Eingangssteuersatzes von derzeit ca. 23 % auf 15 % im Jahre 2005 und eine
Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 42 %. Die gesamte Reform bringe ein Entlastungsvolumen
von 60 Milliarden DM, so Eichel, 25 Milliarden kämen davon dem Mittelstand zugute.
Bei der Abstimmung haben sich u.a. auch die CDU/SPD-regierten Länder Berlin,
Brandenburg und Bremen für die Steuerreform ausgesprochen. Auch das CDU-FDP-regierte
Land Hessen entschied sich für den Kompromiss. Abhängig machten diese Länder
ihr Votum von weitreichenden Zusagen betreffend der Entlastung des Mittelstandes,
Geldzuwendungen von Seiten des Bundes und der Realisierung von konkreten Projekten.
Die CDU / CSU hatte die Reform im Vorfeld heftigst attackiert und vor allem
die Nachbesserungen beim Mittelstand angemahnt. Parteichefin Merkel räumte eine
taktische Niederlage ein und merkte an, die Reform trage "sehr deutlich die
Handschrift der Union". Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von einem "guten
Tag für Deutschland".
Bei einem Sprengstoffanschlag in einem stark frequentierten Düsseldorfer
U-Bahnhof werden neun Menschen zum Teil schwer verletzt. Eine Frau verliert
ihr ungeborenes Kind. Es wird nicht ausgeschlossen, dass der Anschlag aus rechtsradikalen
Kreisen verübt wurde, zumal es sich bei sechs der Opfer um Menschen jüdischen
Glaubens handelt, die alle aus der ehemaligen Sowjetunion stammten.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 28.7.2000:
CDU/CSU 36%, SPD 40%, Grüne/B‘90 6%, FDP 8%, PDS 6%, Sonstige 4%
August
Die beherrschenden politischen Themen im August sind die Fremdenfeindlichkeit
und der Rechtsradikalismus. Bislang wurde das Problem Rechtsradikalismus
und Ausländerfeindlichkeit vor allem isoliert als ein Problem der neuen Bundesländer
gesehen. Der Anschlag mit einer Splittergranate im Vormonat in Düsseldorf,
bei dem ein fremdenfeindliches Motiv vermutet wird, hat aber gezeigt, dass auch
in den alten Ländern diese Probleme durchaus präsent sind und offenbar lange
Zeit nur verdrängt wurden. Über ideologische Grenzen hinweg flammt eine Diskussion
neu auf, die NPD zu verbieten, die sich von einer Altkaderpartei gerade durch
den Zustrom aus den neuen Ländern zunehmend in eine schlagkräftige und organisierte
Organisation mit viel rechtsradikalem Nachwuchs gewandelt hat. Zuletzt wurde
am 17. August 1956 eine linke Partei, die KPD verboten. Ins Zentrum der Kritik
gerät auch der Verfassungsschutz, der, noch geprägt von der RAF-Zeit, vor allem
das linksextremistische Spektrum beobachtet hat und sich erst seit den letzten
Jahren zunehmend mit dem Phänomen Rechtsradikalismus auseinandersetzt.
Finanzminister Hans Eichel darf sich über einen unerwartet hohen Geldsegen
freuen. Bei der Ersteigerung der sogenannten UMTS-Lizenzen für den Mobilfunkmarkt,
werden knapp 100-Milliarden DM erlöst. UMTS ist eine neue Technologie, die die
schnelle Übertragung von Daten über das Mobiltelefon ermöglichen soll. So erreichen
UMTS-Geräte etwa die 200fache Geschwindigkeit bei Daten als die herkömmlichen
GMS-Handys. Damit ist der Standard auch ein vielfaches schneller als GSM. Die
Konzerne erhoffen sich einen Boom in diesem Bereich und einen großen Zukunftsmarkt,
an dem keiner den Anschluss verlieren möchte. Ca. 16,5 Milliarden DM haben sechs
Konsortien jeweils für zwei Frequenzblöcke bezahlt, weitere Milliarden müssen
sie in den Netzaufbau investieren. Das Geld möchte der Finanzminister komplett
für den Schuldenabbau verwenden, dies entspricht etwa 6,5 % der Gesamtverschuldung
des Bundes.
Der einmalige Geldsegen weckt auf vielen Seiten Begehrlichkeiten, so fordert
etwa Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, bei der Steuerreform nachzubessern,
Umweltminister Trittin würde das Geld lieber in "Energieeinsparung, Wärmedämmung
und Nahverkehr" investieren. Viele Länder haben sich für Investitionen in das
Bildungssystem und die Ausstattung der Schulen ausgesprochen. Wird das Geld
nur für die Schuldentilgung verwendet, ergeben sich nachhaltig Milliardeneinsparungen
für den Staat, da die Zinsbelastung geringer würde. Gleichzeitig würden die
Zinsen am Kapitalmarkt sinken und damit die Unternehmen profitieren.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 25.8.2000:
CDU/CSU 34%, SPD 43%, Grüne/B‘90 6%, FDP 8%, PDS 5%, Sonstige 4%
September
In Israel kommt der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern
zum Erliegen. Der anhaltende Streit um die israelischen Siedler in den besetzten
palästinensischen Gebieten eskaliert in gewalttätige Ausschreitungen auf beiden
Seiten. Israelische Soldaten aber auch Zivilisten werden von Palästinensern
gelyncht und die israelische Armee übt sich in Vergeltung. Vermittlungsversuche
von Seiten der UNO und der Amerikaner scheitern; keine der Seiten lässt sich
auf Kompromissvorschläge ein.
Bei hoher Wahlbeteiligung sprechen sich die Dänen in einem Volksentscheid mit
53 % gegen die Einführung des Euros aus. Dänemark wird zumindest vorerst
kein Euro-Land.
Der Benzinpreis steigt bis auf zwei DM an. Mehrere Faktoren kommen zusammen:
der schwache Euro, Förderquoten der OPEC und die Ökosteuer. Autofahrer und vor
allem Spediteure gehen mit Blockaden und Demonstrationen gegen die Ökosteuer
an. Auf steigenden politischen Druck vor allem auch von Seiten der Opposition
regiert die SPD mit Diskussionen um soziale Ausgleichsmaßnahmen, wie z.B. der
Einführung einer Entfernungspauschale.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 29.9.2000:
CDU/CSU 37%, SPD 40%, Grüne/B'90 6%; FDP 7%; Sonstige 5%
Oktober
Der Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober wird überschattet von mehreren
rechtsradikalen Anschlägen auf jüdische Einrichtungen. In der Nacht zum
3. Oktober wird ein Anschlag auf die jüdische Synagoge in Düsseldorf verübt;
gleichzeitig schänden Unbekannte die KZ-Gedenkstätte Buchenwald und einen jüdischen
Friedhof. Dies veranlasst den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland,
Paul Spiegel, zu der Frage, ob es richtig war, in Deutschland wieder jüdische
Gemeinden aufzubauen. Bundeskanzler Gerhard Schröder fordert angesichts der
rechtsradikalen Übergriffe in Deutschland einen "Aufstand der Anständigen".
Am 8. November beschließt die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht
einen Antrag auf Verbot der rechtsgerichteten NPD einzureichen.
Am 23. Oktober tritt Ruprecht Polenz als CDU-Generalsekretär von seinem
Amt zurück. Zu seinem Nachfolger bestimmt die Parteivorsitzende Angela Merkel
den ehemaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Nordrhein-Westfalen Laurenz Meyer.
Bei seinem ersten Auftritt gegenüber der Presse bezeichnet er Polenz als "Missgriff"
Merkels.
Friedrich Merz löst auch in den eigenen Reihen heftige Kontroversen um den
Begriff der "deutschen Leitkultur" aus.
Rund 1 000 000 Menschen lehnen sich am 5. und 6. Oktober gegen die Wahlfälschung
von Slobodan Milosevic auf. Sie ziehen nach Belgrad und stürmen das Parlament
und Regierungssender. Das Oppositionsbündnis DOS kann sich durchsetzen und es
kommt nicht zu einem Blutbad. Damit ist die Ära Milosevic in Serbien beendet,
der trotzdem wiederholt zum Chef der Sozialistischen Partei gewählt wird.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 27.10.2000:
CDU/CSU 36%, SPD 40%; Grüne/B'90 6%; FDP 7%; PDS 7%; Sonstige 5%
November
Die US-Amerikaner wählen am 7. November ihren neuen Präsidenten. Sie entscheiden
sich zwischen George Bush, dem republikanischen Kandidaten, und Al
Gore, dem amtierenden Vizepräsidenten und Kandidaten der Demokraten. Am
Morgen des 8. November scheint festzustehen, dass Bush die Wahl kanpp gewonnen
hat - Gore gratuliert ihm zu seinem Sieg. Als feststeht, wie knapp die Wahl
ausgegangen ist, so hat Gore absolut eine Stimmenmehrheit, aber weniger Wahlmänner
als Bush, fordern die Demokraten Nachzählungen von Hand im Bundeststaat Florida,
wo Gore nur einige Hundert Stimmen von Bush trennen. Am Ende entscheiden die
Gerichte, ob es noch weitere Auszählungen geben soll. Die längste Wahl der amerikanischen
Geschichte stellt das gesamte amerikanische Wahlsystem in Frage, da die Supermacht
Amerika nach außen führungslos wirkte. Gleichzeitig gibt es heftige Kursrückgänge
an den internationalen Börsen.
Erster Fall von BSE bei einem in Deutschland geborenen Kalb in Schleswig-Holstein:
Kritik von Seiten der europäischen Union wird gegen die Bundesregierung laut,
weil diese teilweise massive Kritik gegenüber der Lockerung des Exportverbotes
von englischem Rindfleisch äußerte, selbst aber Kontrollen an deutschen Tieren
vernachlässigte. Auch deutsches Rindfleisch ist definitiv nicht mehr sicher
vor dem BSE-Erreger. Erste Maßnahme gegen die Ausbreitung der Seuche ist die
flächendeckende Einführung von Schnelltests an Rindfleisch und das Verbot von
Tiermehl, das man für die Hauptübertragungsquelle hält.
Am 16.11. tritt Verkehrsminister Reinhard Klimmt nach einem Strafbefehl
wegen einer Finanzaffäre um den 1. FC Saarbrücken zurück. Nachfolger wird Kurt
Bodewig (SPD). Kulturstaatsminister Michael Naumann kündigt am 22.11. seinen
Rücktritt zum Jahresende an, da er zur Wochenzeitung "Zeit " wechselt. Nachfolger
Naumanns wird der Münchner Kulturreferent Julian Nida-Rümelin (SPD).
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 24.11.2000:
CDU/CSU 37%, SPD 39%; Grüne/B'90 7%; FDP 7%; PDS 5%; Sonstige 5%
Dezember
Der Bundesrat stimmt mit großer Mehrheit für die Einführung einer Entfernungspauschale.
Im Unterschied zum bisherigen Kilometergeld kommt die neue Entfernungspauschale
auch Fußgängern und Radfahrern zu Gute. Bis zu 10 Kilometern können 70 Pf./km
von der Steuer abgesetzt werden und ab dem 11. km 80 Pf.
Der lange Zeit als Hoffnungsträger einen deutschen "Börsenkultur" geltende
"Neue Markt" muss herbe Kursabschläge verbuchen. Viele ehemalige Highflyer
verlieren mehr als 95% des Kurswertes (bezogen auf die Höchststände im März.
Zweifel kommt an vielen New-Economy-Unternehmen auf, die trotz hoher Verluste
aufgrund von Kursfantasien Milliardenbeträge von (Klein-)anlegern gesammelt
haben. Eine Spekulationsblase ist geplatzt - man spricht agr von einem Crash
auf Raten.
Umfrageergebnisse der Sonntagsfrage (Infratest-dimap) vom 22.12.2000:
CDU/CSU 37%, SPD 39%; Grüne/B'90 7%; FDP 6%; PDS 6%; Sonstige 5%
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