Baustein 3.1: Wie haben sich die Wähler in ... [Münster] bisher
Im Mittelpunkt dieser Unterrichtseinheit steht die Beschäftigung mit den bisherigen Wahlergebnissen der Bundestagswahlen von 1949-1998 im heimischen Wahlkreis. Dabei werden die Intentionen verfolgt, dass die Schüler/innen auf der Grundlage von Statistiken einerseits ein Basiswissen über Anzahl der Wahlberechtigten, Anteil der Nichtwähler und Verteilung der Parteianhänger vor Ort erwerben, andererseits dieses Ergebnis in einen längerfristigen lokalen Trend einordnen können sowie sich kritisch mit den jeweils zu beobachtenden Konzentrations- bzw. Dekonzentrationsprozessen in der heimischen Parteienlandschaft auseinandersetzen. Zugleich geht es darum, die Lerngruppe mit der Analyse von statistischem Datenmaterial vertraut zu machen, um so schrittweise das methodische Instrumentarium zu erwerben, das für den weiteren Verlauf der Unterrichtsreihe, insbesondere aber für die Auswertung der eigenen empirischen Erhebung notwendig sein wird.
Als Einstieg in die Unterrichtseinheit wird den Schüler/innen das Tafelbild der vorhergehenden UE auf einer Folie präsentiert. Mit diesem Vorgehen wird beabsichtigt, die Lerngruppe durch gezielte Impulse den Zusammenhang zwischen den Begriffen "Staatsvolk" und "Volksvertreter" im Wahlprozess herstellen und diese Größen quantitativ füllen zu lassen, und zwar zunächst für das gesamte Bundesgebiet, dann für den heimischen Wahlkreis. Dies leitet zur Problemstellung der Unterrichtseinheit über: anhand der bisherigen Wahlergebnisse eine lokale Situations- und Trendanalyse vorzunehmen.
Der "induktive" Zugang, die Untersuchung der Wahlergebnisse mit dem heimischen Wahlkreis zu beginnen, erscheint schülergemäß, gerade mit Blick auf das Ziel, vor Ort eine eigene Umfrage durchzuführen. Dabei kann sich jedoch die Schwierigkeit ergeben, dass die Schüler/innen auf die Besonderheit der Zwei-Stimmen-Konstruktion stoßen, die zunächst nur zur Kenntnis genommen wird, während die Klärung dieses konstitutiven Problems in einer der Folgestunden erfolgen soll.
In einer ersten Erarbeitungsphase haben die Schüler/innen die Aufgabe, in Partnerarbeit die Tabelle -> M 03.01 auszuwerten. Je nach Leistungsvermögen der Lerngruppe muss hier ggf. besonderes Gewicht auf die methodische Übung in der Auswertung statistischer Materialien gelegt werden. Daher empfiehlt es sich, zunächst in einem deskriptiven Vorgehen den Aufbau der Statistik beschreiben zu lassen, bevor die Beantwortung der Arbeitsaufträge erfolgt.(-> Methode: Statistiken und Tabellen auswerten)
In einer weiteren Erarbeitungsphase steht die Einordnung der heimischen Wahlergebnisse der Bundestagswahl 1998 in die langfristige historische Entwicklung vor Ort seit 1949 anhand der Graphik -> M 03.02 im Mittelpunkt. An dieser Stelle ist es ratsam, in arbeitsteiliger Gruppenarbeit vorzugehen, so dass jede Gruppe sich jeweils mit einer Partei beschäftigt.(-> Methode: Gruppenarbeit durchführen) Dieser Arbeitsschritt hat auch die Funktion, die Schüler/innen darauf vorzubereiten, in der Hausaufgabe zur nächsten Stunde die bundesweiten Zahlen in eine ähnliche Graphik zu übertragen. (-> Methode: Diagramm erstellen)
Die Auswertungsergebnisse der Schüler/innen werden im Anschluss an die jeweiligen Erarbeitungsphasen an der Tafel gesichert, so dass der Lerngruppe einerseits das Abschneiden der Parteien im heimischen Wahlkreis bei der Bundestagswahl 1994, andererseits längerfristige Trends der lokalen Parteienlandschaft noch einmal einprägsam visualisiert werden.
In der abschließenden Vertiefungsphase geht es darum, vor dem Hintergrund der zusammengerechneten Stimmenanteile der großen Volksparteien CDU/CSU und SPD den Prozess der Konzentration und Dekonzentration des Parteiensystems kritisch zu hinterfragen.
Diesem Aspekt kommt eine besondere Bedeutung zu, da er in der folgenden Unterrichtseinheit in einem Transfer von der lokalen auf die Bundesebene noch eingehender betrachtet werden wird.
Zentrales Anliegen dieser Unterrichtseinheit ist es, vor dem Hintergrund der in der vorangegangenen UE erarbeiteten lokalen Ergebnisse der Bundestagswahlen 1949-98 der Frage nachzugehen, inwieweit die Kräfteverteilung innerhalb der heimischen Parteilandschaft typisch bzw. untypisch ist für das gesamte Bundesgebiet während dieser Periode. Besonderes Augenmerk soll dabei auch auf die verschiedenen Entwicklungsphasen im bundesdeutschen Parteiwesen sowie auf unterschiedliche Möglichkeiten der Mehrheitsbildung gelegt werden. Gleichzeitig erfolgt eine Einordnung der zweiten gesamtdeutschen Bundestagswahl von 1998 in diese längerfristigen Trends unter der spezifischen Perspektive der Wahlgebiete Ost und West. (-> Methode: Wandzeitung gestalten)
Im einzelnen verfolgt diese Unterrichtseinheit die Intentionen, dass die Schüler/innen die wichtigsten kandidierenden Parteien zu den Bundestagswahlen und deren Kürzel sowie grobe inhaltliche Ausrichtung kennen, die heimischen Ergebnisse der Bundestagswahlen 1949-1998 mit denen im gesamten Bundesgebiet selbständig vergleichen und die dabei erarbeiteten Unterschiede und Gemeinsamkeiten in typische Entwicklungen der bundesdeutschen Parteienlandschaft einordnen können. Zugleich festigen die Schüler/innen durch die gründliche Auswertung statistischen Datenmaterials ihre methodischen und analytischen Kompetenzen.
Zu Beginn der Unterrichtseinheit ist vorgesehen, der Lerngruppe auf einer Folie die Graphik -> M 03.12b mit den Wahlergebnissen des heimischen Wahlkreises 1949-1998 vorzulegen. Dabei sollte unbedingt beachtet werden, dass diese Folie deckungsgleich mit der weiteren Foliengraphik -> M 03.12a ist, auf der die Wahlergebnisse für das gesamte Bundesgebiet dargestellt werden, so dass beide Folien am Ende der UE zu Vergleichszwecken im Overlay-Verfahren übereinandergelegt werden können. Im Sinne einer augenfälligen Präsentation empfiehlt es sich zudem sehr, die Kurven der Parteien farbig zu markieren, z.B. die Kurve der SPD für das Bundesgebiet rot-durchgezogen, für den heimischen Wahlkreis rot-durchbrochen. Aus der Folie -> M 03.12b, welche die Entwicklung der Wähleranteile im heimischen Wahlkreis zeigt, wird die naheliegende Problemstellung entwickelt, inwieweit die Trends vor Ort typisch sind für das gesamte Bundesgebiet.
An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: Um eine größere Übersichtlichkeit beim Folien-Overlay zu gewährleisten, werden in -> M 03.12a und -> M 03.12b nur CDU/CSU, SPD und Sonstige (Grüne, FDP, PDS u.a.) berücksichtigt. Dies muss den Schüler/innen zuvor erläutert werden!
Bevor nun zum Vergleich die Bundesergebnisse herangezogen werden, empfiehlt es sich, dass der Lehrer/die Lehrerin vorher die Liste -> M 03.03, welche eine Übersicht des akutellen Parteienspektrums der Bundesrepublik Deutschland bietet, mit der Lerngruppe erörtert. Zunächst geht es darum, dass die Schüler/innen wichtige Gruppierungen des Parteienspektrums - auch solche außerhalb des aktuellen Bundestages - namentlich kennenlernen und zur Einordnung wenigstens grob deren programmatische Ausrichtung wiedergeben können. Darüber hinaus wird durch die Gegenüberstellung der Vielfalt der kandidierenden Parteien einerseits sowie der relativ geringen Anzahl der im Parlament vertretenen Parteien andererseits der Konzentrationsprozess bei Wahlen im Bundesgebiet für die Jugendlichen unmittelbar augenfällig.
Die Abfolge der sich daran anschließenden Untersuchungsschritte gestaltet sich analog zur vorhergehenden Unterrichtseinheit: Zunächst wird anhand der Graphik -> M 03.05 das Ergebnis der Bundestagswahl von 1998 analysiert, wobei im Ost-West-Vergleich nicht nur die Unterschiede im einzelnen herauszuarbeiten sind, sondern auch das erstaunlich hohe Maß an Übereinstimmung im allgemeinen den Schüler/innen bewusst werden muss.
In einem zweiten Arbeitsschritt wird das Ergebnis von 1998 wiederum in die langfristige Entwicklung bei Bundestagswahlen von 1949-1998 eingeordnet. Hier lässt sich die Hausaufgabe sinnvoll integrieren. Da ein Schüler/eine Schülerin ihre Kurven auf Folie fixiert hat, kann man diese Schülerarbeit auflegen und als visuelle Grundlage verwenden. Die Lerngruppe kann nun den Kurvenverlauf für jede Partei verbalisieren und langfristige Trends erörtern. Inwieweit diese Beschreibungen detailliert an der Tafel gesichert werden können, hängt von der verfügbaren Zeit ab. An dieser Stelle ist ferner eine Diskussion über potentielle und tatsächlich realisierte Mehrheitsbildungen möglich. Da nach unseren Erfahrungen die historischen Kenntnisse der Schüler/innen jedoch sehr gering sind, bietet sich hier ein kurzer Lehrervortrag an.
In der nachfolgenden Vertiefungsphase erfolgt eine kritische Betrachtung der Konzentrations- bzw. Dekonzentrationsprozesse des Parteiensystem. Von besonderer Wichtigkeit sind hier vor allem die Entwicklungsphasen der bundesdeutschen Parteienlandschaft, die sich wie folgt an der Tafel (vgl. detaillierter in Tafelbild: Wähleranteile der Parteien) zusammenfassen lassen:
- 1949-1969: Konzentrationsphase
- 1969-1980: Stabilisierungsphase
- 1980-1998: Dekonzentrationsphase
Der anschließende Transfer führt noch einmal zurück zu der leitenden Problemfrage dieser Unterrichtseinheit, inwieweit die Ergebnisse vor Ort typisch sind für die Wahlausgänge im Bundesgebiet. Mit Hilfe eines Folien-Overlays der Graphiken -> M 03.12a und -> M 03.12b lassen sich für alle Schüler/innen gut sichtbar im Unterrichtsgespräch die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Entwicklung der lokalen und bundesweiten Parteienlandschaft herausarbeiten. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang gleichfalls, sich mit den Aussichten für die nächste Bundestagswahl vor Ort auseinanderzusetzen, wenn man die jüngsten Entwicklungstrends fortschreibt. Hier lässt sich der "Rote Faden" des Curriculums (Durchführung einer Wählerbefragung) wieder aufnehmen.
Eine gute Möglichkeit, je nach Zeit und Interesse, über eine deskriptive Bestandsaufnahme hinaus auch die wesentlichen Ursachen dieser Entwicklungen im Unterricht zu erörtern, bietet der Arbeitstext -> M 03.17. Ferner sind als fakultative Erweiterungsmöglichkeiten innerhalb dieses Bausteins die Materialien -> M 03.13 - M 03.15 vorgesehen, mit deren Hilfe die nicht unwichtigen Unterschiede in der Wahlbeteiligung bei Bundestags-, Landtags-, Kommunal- und Europawahlen erarbeit werden können. Alternativ kann diese Untersuchung jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt der Unterrichtsreihe geleistet werden, z.B. im Rahmen einer vertiefenden Untersuchung des Nichtwählerverhaltens.