Didaktische Hinweise
Die Analyse eines Textes geht über sein Verständnis und seine Wiedergabe hinaus
und fragt nach der Art und Herkunft des Textes und seinen Adressaten sowie nach
seinem speziellen Anlass. Die Position des Autors (Zeit- und Interessengebundenheit)
soll, auch mit Bezug auf vorhandene Vorkenntnisse, möglichst genau bestimmt
und der Text in seiner Intention und in seinem Informationsgehalt insgesamt
kritisch gewürdigt werden. Die Textanalyse ist in diesem Sinn als Quellenarbeit/
Quelleninterpretation zu verstehen. Eine umfassende Textanalyse, die sich an
der oben beschriebenen Vorgehensweise orientiert, ist um einiges anspruchsvoller
als das Beantworten von Fragen zum Text, da der Sinn des Textes von den Schüler/innen
selbst entschlüsselt werden muss und nicht schon durch entsprechende Fragestellungen
angedeutet ist. Dies kann den Schüler/innen schrittweise deutlich gemacht werden.
"Schriftliche, auditive (ebenso bildliche) Quellen besitzen eine spezifische
Schwierigkeit für den Erkenntnisprozess: Sie sind nicht nur auf der Ebene wortwörtlicher
Rezeption und Wiedergabe zu verstehen, sondern das geschriebene oder gesprochene
Wort kann darüber hinaus einen ganz anderen intendierten Sinn enthalten, da
ein Verfasser in seiner Standortgebundenheit formuliert, d.h. er ist in der
Regel parteiisch und nimmt selektiv wahr (er ist zeitlich und räumlich in seine
materiellen und politischen Lebensbedingungen eingebunden). Insofern ist Quellenkritik
notwendig, denn Quellen enthalten nicht nur Tatsachen als Informationen, sondern
bestimmte subjektiv-persönlich und objektiv-gesellschaftlich widergespiegelte
Auffassungen, Deutungen oder Meinungen von Tatsachen oder dementsprechend geprägte
Informationen.
Quellenkritische Fragen orientieren sich an Merkmalen wie
- Entstehungszeit, Art (des Textes), Herkunft (des Autors), Anlass und Intention,
- Abfassung und Wirkung (einer Rede),
- Übersetzung, Übersetzungsproblemen (Grenzen und Möglichkeiten ihrer Lösung),
- Sachkommentar: Erläuterung aller im Text vorkommenden unbekannten Begriffe
mit Hilfe von Handwörterbüchern und Nachschlagewerken,
- Wiedergabe der Quelle (des Inhalts),
- kritische Würdigung (feststellen, ob das Erkannte vorhandene Sachergebnisse
ergänzt, modifiziert oder korrigiert).
Hans-Joachim Kraschewski, Quellenarbeit/ Quelleninterpretation, in: Wolfgang
Mickel 1999, S. 418ff.
Einsatzmöglichkeiten
Die Methode der Textanalyse schließt als komplexeste Form der Textbearbeitung
die methodischen Bausteine diesbezüglich ab. Ihr Einsatz empfiehlt sich ab Klasse
10. Selbstverständlich ist die Textanalyse nicht an den hier verwendeten Text
gebunden, sondern kann, je nach Vermögen der Lerngruppe, bereits früher eingesetzt
werden. Sinnvoll ist es, diese Übung zur Klausurvorbereitung einzusetzen.
Literatur
Wolfgang W. Mickel (Hrsg.), Handbuch zur politischen Bildung, Schriftenreihe
der Bundeszentrale für politische Bildung Band 358, Bonn 1999.
Zur Quellenkritik des Historikers z.B.:
Brandt, Ahasver von: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen
Hilfswissenschaften, 15.Aufl., Stuttgart 1998.
Pandel, Hans-Jürgen: Quelleninterpretation. Die schriftliche Quelle im
Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2000.