Didaktische Hinweise
Neben Zeitungsanzeigen, Fernseh- und Radiospots, Flugblättern, Internetauftritten
und Werbebroschüren setzen die Parteien auch Wahlplakate ein, um die jeweiligen
Kandidaten in der Öffentlichkeit zu präsentieren. In der heißen Phase
des Wahlkampfes bestimmen sie das Straßenbild vieler Städte und Gemeinden.
Die Wahlkampforganisationen nehmen bei der Gestaltung von Wahlplakaten die Hilfe
von Werbeagenturen in Anspruch, um das Wahlverhalten ihrer Zielgruppe zu beeinflussen.
Der Wähler/die Wählerin soll zum Nach- und Umdenken, der Unentschlossene
zum Schritt in die "richtige" Richtung angeregt werden. Schon 1921
schreibt der Schweizer Lüthy:
"Das künstlerische politische Plakat soll und kann jeden auf der
Straße gedankenlos Vorüberbummelnden oder gedankenschwer Vorüberhastenden
mit telepathischem Griff fesseln, sein Gehirn durch ein kurz orientierendes
Schlagwort in die gewollte politische Richtung drängen, sein Herz durch
die Schönheit und den Anmut des Bildes gewinnen, sein Interesse durch den
Witz satirischer Verstellungen erhaschen..."
(F. Colin 1921, nach Hans Jörg: Wandzeitung und Plakat,
in Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch der politischen Bildung, Bonn 1999,
S. 460).
Wahlplakate sind häufig eine Kombination aus Bild und kurzem Text (Slogan),
der komplexe Probleme vereinfacht oder verfremdet, um bei den Adressaten Betroffenheit
auszulösen und zum gewünschten Handeln aufzurufen. Für die Schüler/innen
ist es von besonderer Bedeutung diese oft werbepsychologisch raffiniert aufgemachten
Wahlplakate zu analysieren, da sie lernen,...
"Absichten politischer Parteien zu erkennen und kritisch zu durchschauen.
Es empfiehlt sich, (die Plakate) als Grundlage für eine Diskussion zu sammeln
und nach unterschiedlichen Gesichtspunkten - etwa der politischen Absicht, ihres
Wahrheitsgehaltes, ihrer künstlerischen Gestaltung und Aussagekraft - zu
analysieren. Sehr wirksam ist es, die Parteien verschiedener politischer Richtungen
einander gegenüberzustellen, sie vor einer Wahl und etwa ein bis zwei Jahre
nachdem eine Partei die Regierungsgewalt übernommen hat, nochmal zu überprüfen.
Dabei kann festgestellt werden, ob die plakativ gemachten Aussagen und Versprechungen
eingehalten wurden. So kann die Glaubwürdigkeit von Parteien und ihren
Vertretern kritisch überprüft und beurteilt werden. Dies trägt
zur Mündigkeit von jungen Menschen und Erwachsenen bei und ist für
die politische Entscheidung von Bedeutung."
(F. Colin 1921, nach Hans Jörg: Wandzeitung und Plakat,
in Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, Bonn 1999,
S. 460.)
Insgesamt sollen die Schüler/innen sich darüber klar werden, durch
welche Stilmittel sie sich in ihrer Rolle als Wähler am meisten angesprochen
fühlen, um zu erkennen, dass die eigene Empfänglichkeit in hohem Maße
von emotionalen und suggestiven Werbemitteln bestimmt wird.
Zur Auswahl der Wahlplakate steht eine ausführliche Sammlung
von 1948-1998 auf der CD-Rom oder im Internet zur Verfügung. Aktuelle
Wahlplakate finden sich auf den Homepages der Parteien.
Einsatzmöglichkeiten
Für die Bestimmung des Stellenwertes im Unterricht ist zunächst auf
die Möglichkeit einer fächerübergreifenden Ausrichtung hinzuweisen;
für eine umfangreiche Analyse sprachlicher und gestalterischer Elemente,
wäre der Politikunterricht allein schon aus zeitlichen Gründen überfordert.
Es empfiehlt sich daher, das Unterrichtsprogramm, sofern gewünscht, mit
den Kunst-, Deutsch oder Geschichtslehrern/lehrerinnen der Klasse abzustimmen,
wobei dann eine Aufgabenteilung vorgenommen werden kann. Sinnvoll wäre
auch die Beschäftigung mit dem Thema "Politische Propaganda: Wahlplakate"
im Rahmen einer Projektwoche, denn hier können die Ergebnisse der einzelnen
Untersuchungsschritte besser zu einem Gesamtergebnis integriert werden. Ausdrücklich
möchten wir an dieser Stelle auf die umfangreiche Plakatsynopse von 116
Wahlplakaten aus sechs Jahrzehnten (1948-1998) hinweisen, die bei den Planungshinweisen
als Exkurs: (Bilder)Sprache und Politik u.a. zusammengestellt
wurden. Dort finden sich neben der exemplarischen Plakatanalyse eines Wahlplakates
der Grünen detaillierte Ausführungen zur Behandlung und Strukturierung
dieses Themas im Unterricht. Das beiliegende Arbeitsblatt versteht sich insofern
als Kurzversion und kann isoliert eingesetzt werden. Der Punkt 4 der Checkliste
ist als mögliche Erweiterung gedacht, zu der es erforderlich ist, aus der
Sammlung von 116 Bundestagswahlplakaten auf der
CD-ROM eine entsprechende Auswahl zu treffen.
Literatur
Wolfgang W. Mickel (Hrsg.): Handbuch der politischen Bildung, Schriftenreihe
Band 358, Bonn 1999.
Günther Gugel: Methodenmanual II: "Neues Lernen". Tausend neue
Praxisvorschläge für Schule und Lehrerbildung. Weinheim und Basel
1998.