Didaktische Hinweise
Die Expertenbefragung ist eine Unterrichtsmethode, bei der sich die Schüler/innen
nicht aus Medien, sondern direkt bei Fachleuten authentisch informieren. Diese
Methode bietet sich somit insbesondere dann an, wenn über die Experten Informationen
erschlossen werden können, die über rein traditionelle Medien nur sehr schwer
oder überhaupt nicht zugänglich sind. Sofern die Expertenbefragung sorgfältig
vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet wird, können drei didaktische Funktionen
erfüllt werden:
- Motivation:
Die Befragung von Fachleuten kann das Interesse der Schüler/innen an dem Unterrichtsstoff
verstärken.
- Wissensvermittlung:
Durch die Experten erhalten die Schüler/innen besonders sachkundige Informationen.
- Übung praktischer Fähigkeiten:
Da die Schüler/innen während des Gespräches Rückfragen stellen und um Erklärungen
bitten können, wird zugleich ein sachgerechtes Informationsverhalten geübt.
Die Expertenbefragung als Unterrichtsmethode unterteilt sich in die Phasen
Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung.
1. Vorbereitung
Die Methode wird auf drei Ebenen vorbereitet. Eine rechtzeitige Terminplanung
stellt die erste Ebene dar. Gerade dann, wenn es sich um einen jugendlichen
und somit noch schulpflichtigen Experten handelt, ist es notwendig, den Besuch
rechtzeitig zu planen. Ergeben sich infolge des Besuches Änderungen im Raumbelegungsplan
oder Stundenplanänderungen, sollte die Schulleitung davon in Kenntnis gesetzt
werden. Die zweite Ebene der Vorbereitung dient dazu, den Experten über den
Unterricht und die Klasse zu informieren. Der Experte sollte den Unterrichtszusammenhang
kennen, damit er beurteilen kann, welche Sachverhalte er ansprechen kann oder
welche er ausführlicher erklären kann. Für den Erfolg der Befragung nicht unerheblich
ist es, den Experten auf das Verständnisniveau der Schüler/innen einzustellen
und um eine möglichst schülergemäße Sprache zu bitten. Des weiteren sollte er
darauf vorbereitet werden, Fachausdrücke erklären zu müssen. Ferner ist mit
dem Experten abzusprechen, welche Medien, Arbeitsblätter und Informationsbroschüren
eingesetzt werden können. Hierbei sollte auf das Verbot von Werbung im Unterricht
hingewiesen werden. Die Vorbereitung der Schüler/innen bildet die dritte Ebene.
Im Allgemeinen reagieren die Schüler/innen verhalten, wenn ein Fremder in den
Unterricht kommt. Um eine mögliche "Sprachlosigkeit" der Schüler/innen zu vermeiden,
ist es ratsam, die Fragen an den Experten im Unterricht zu erarbeiten.
Die Erarbeitung der Fragen kann auf unterschiedliche Weise erfolgen:
- Sammeln der Fragen im Klassengespräch
- Erarbeitung in Gruppenarbeit
- Entwicklung der Fragen als vorbereitende Hausaufgabe etc.
Aber nicht nur die Fragen sollten vor dem Besuch feststehen, sondern auch die
sogenannte äußere Form der Befragung. Das heisst, es sollte vorab geklärt sein,
wie die Fragen gestellt werden. Sollen beispielsweise alle Schüler fragen oder
wird eine Interviewgruppe mit der Befragung beauftragt. Eine weitere Möglichkeit
besteht darin, alle Fragen innerhalb der Klasse aufzuteilen, so dass z.B. jede
Tischgruppe für einen bestimmten Themenbereich zuständig ist. In der Vorbereitungsphase
ist ferner festzulegen, wie die Ergebnisse der Befragung festgehalten werden.
Auch diesbezüglich stehen mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. So können einzelne
Schüler/innen mit der Protokollierung beauftragt werden oder sämtliche Schüler/innen
machen sich Notizen. Sofern sich jemand bereit erklärt, sich um die Aufzeichnung
zu kümmern, kann die Befragung mit einem Kassettenrecorder aufgezeichnet werden.
Zum Abschluss der Vorbereitungsphase sind noch Absprachen über die benötigten
Arbeitsmaterialien, die Sitzordnung und die Anfertigung von Namenskärtchen zu
treffen.
2. Durchführung
Mit der Absprache mit dem Experten und der entsprechenden Vorbereitung der Schüler/innen
hat die Lehrkraft die entscheidenden Voraussetzungen für die Durchführung der
Befragung gestellt. Während des Besuches tritt sie nach einer kurzen Einführung
in den Hintergrund. Das Eingreifen ist nur dann geboten, wenn der Gesamtablauf
der Befragung gefährdet erscheint, beispielsweise aufgrund von der Disziplinlosigkeit
einiger Schüler/innen oder einer Überforderung der Klasse durch den Experten.
3. Nachbereitung
Weder das Ausräumen von Missverständnissen noch das Geben von Zusatzinformationen
war dem Lehrer / der Lehrerin während der Befragung möglich. Zudem konnte er
/ sie sich nicht mit Rückfragen vergewissern, ob die Schüler/innen alles verstanden
haben. All dies kann in der Nachbereitung geschehen. In dieser Phase können
die Befragungsergebnisse in die gesamte Unterrichtseinheit eingliedert werden,
der Lernerfolg überprüft werden und gegebenenfalls Korrekturen vorgenommen werden.
Einsatzmöglichkeiten
Die Unterrichtsreihe Wahlen bietet vielfältige Möglichkeiten zum Einsatz der
Expertenbefragung. Doch dürfte es gerade zum Thema: Jugend und Politik - zwei
getrennte Welten? gelingen die Vorzüge der Methode zu betonen und die möglichen
Schwächen zu mildern. Dies insofern als gerade ein jugendlicher Experte für
die Schüler/innen interessant erscheinen dürfte und es nicht sehr wahrscheinlich
ist, dass sie allein vom Sprachstil her überfordert werden.
Der Einsatz dieser Methode empfiehlt sich für die 10. Jahrgangsstufe und ist
für drei Stunden einzuplanen.
Literatur
Heinz-Ulrich Wolf: Aktives Lernen. Handlungsorientierung im gesellschaftlichen
Lernbereich der Sekundarstufe I. Auer Verlag, Donauwörth 1994, S. 45-59.