Didaktische Hinweise
Bei der Vorbereitung und Durchführung der Podiumsdiskussion sollen sich die
Schüler/innen grundlegende Kenntnisse über den Wahlkampf aneignen und gleichzeitig
dieses Wissen argumentativ in der Diskussionsrunde erproben. Ihr Handeln ist
und bleibt jedoch ein Probehandeln, das nicht in der Realität stattfindet, sondern
zu dem die Schüler/innen anhand von Rollenkarten animiert werden sollen. Der
Vorteil liegt darin, dass die Schüler/innen hier Fehler machen dürfen und aus
Fehlern lernen können, zum Beispiel bei der Einschätzung der Chancen, Einstellungen
von Wählerinnen und Wählern zu verändern. Wenn die Zeit ausreicht und die Lehrperson,
die Schüler/innen sich stark genug fühlen, können sie den Schonraum Schule partiell
verlassen und sich in kleinen Schritten aktiv in das Wahlkampfgeschehen einschalten,
indem sie z.B. Politiker anschreiben und sie über ihre Auffassungen zum Wahlkampf
befragen (evtl. eine Podiumsdiskussion mit Politikern in der Schule vorbereiten
und durchführen).
Bei der Sozialform "Podiumsdiskussion" dürfte den Schüler/innen deutlich werden,
dass es Spaß machen kann, sich zur Vorbereitung auf eine Rolle Informationen
zu beschaffen, weil mit Hilfe dieser Informationen Rollen besser gespielt werden
können. Umgekehrt werden die Teilnehmer der Diskussionsrunde auch bemerken,
dass man aus dem Spiel dieser Rolle heraus neue Fragen nach neuen Informationen
entwickelt, die dann ihrerseits wieder darauf vorbereiten, bestimmte Aufgaben
in der Realität besser zu bewältigen. Wenn die Schüler/innen sich dann noch
über die lokalen Besonderheiten des Wahlkampfes und die Ausgangslage der politischen
Parteien informiert haben, bestimmte Veränderungen im Wählerverhalten benennen
können und zukünftige Entwicklungen skizzieren können, dürften sie auch für
Politiker, die sie in Klassen einladen oder die sie in Wahlkampfveranstaltungen
aufsuchen, interessante und ernst zu nehmende Gesprächspartner/innen sein. Auf
diese Art und Weise dürfte es gelingen, Jugendliche dauerhaft für das politische
Geschehen zu interessieren und zu aktiven Wählern zu machen, die ihren Teil
zur Verbesserung des Wahlkampfgeschehens beizutragen bereit sind.
Verlauf der Podiumsdiskussion
Die Lehrperson übernimmt in der Regel die Diskussionsleitung. In der Sekundarstufe
II können dies auch Schüler/innen leisten. Die Podiumsdiskussion kann sie nun
damit beginnen die Rollenspieler (s. Rollenkarten) aufzufordern für alle anderen
darzustellen, worauf es ihnen bei der Durchführung des Wahlkampfes ankommt.
Beginnen sollten die Vertreter der Parteien. Nachdem die Rollen, W, M sich vorgestellt
haben, müsste deutlich geworden sein, dass es unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche
Vorstellungen über den Wahlkampf gibt. Die Lehrperson kann als Moderator/in
nun je nach Notwendigkeit dazu beitragen, diese Kontroversen zu verschärfen
oder zu besänftigen, um für die zuschauenden Schüler/innen die Unterschiede
deutlich herauszuarbeiten. Dies kann dadurch geschehen, dass er/sie die Podiumsdiskussionsteilnehmer/innen
auffordert, zu den Vorstellungen der anderen Rollenspieler Stellung zu nehmen
und diese zu bewerten.
Nachdem in dem Wechselspiel der Argumente und Statements die unterschiedlichen
Positionen deutlich geworden sind, kann nun als verstärkendes Element noch die
Sichtweise der anderen Schüler/innen (Zuschauer) eingebracht werden.
Diese sollten danach gefragt werden, welche Auffassung sie vom Wahlkampf haben
(sie haben ja ihre Eltern bzw. andere Erwachsene über ihre Meinung zum Wahlkampf
interviewt). Die Schüler/innen werden aufgefordert, "Partei" zu ergreifen für
die eine oder andere Auffassung, die in der Podiumsdiskussion vorgetragen wurde.
Der Realitätsbezug und die Dramatik der Diskussion werden durch diese
Komponenten erheblich verstärkt. Die Überleitung zur zweiten Runde wird dadurch
vorbereitet, dass nun auch verstärkt bewertet werden soll, welche Art von Wahlkampf
für gut und welche für weniger gut gehalten wird. Als Unterscheidungsmerkmal
können hier die informativen bzw. manipulativen Elemente im Wahlkampf dienen.
Die zweite Runde der Podiumsdiskussion leitet die Lehrperson mit der Frage ein,
welche Veränderungen des Wahlkampfes möglich sind. Jeder Rollenspieler sollte
nun aus seiner Sicht und auf der Grundlage der bisherigen Argumentation Erwartungen
an die anderen Rollenspieler artikulieren, inwiefern sie ihr Verhalten im Wahlkampf
verändern sollen. So gelingt es, die wechselseitige Abhängigkeit der Rollen
im Wahlkampf deutlich zu machen und herauszuarbeiten, dass Veränderungen im
Rollenprofil nur dann möglich sind, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Die Rollen stellen im Wahlkampf ein System wechselseitiger Abhängigkeiten dar.
Nach den Aktivitäten der Rollenspieler sind dann wiederum die zuschauenden
Schüler/innen gefragt: Diese Art von Rückkopplung dient dazu, die Klassen
stärker in die Diskussion miteinzubeziehen und den Realitätsbezug der Positionen
zu erhöhen. Je nachdem wie intensiv die Diskussion geführt wird und wo der theoretische
Schwerpunkt der Diskussion liegt, kann der/die Diskussionsleiter/in auch die
Aufmerksamkeit auf die Klärung der Randbedingungen lenken, unter denen der Wahlkampf
sich eher informativ und argumentativ gestaltet oder eher polemisch und manipulativ.
Diese Frage sollte nicht abstrakt und rein theoretisch erörtert werden, sondern
ausgehend von den bisher gespielten Rollen und den dazu vorgebrachten Argumenten.
Wenn die hier vorgetragenen Positionen deutlich herausgearbeitet sind, kann
der/die Diskussionsleiter/in die Podiumsdiskussion mit Dank an alle Beteiligten
beenden.
Anschließend trägt die Beobachtungsgruppe ihre Ergebnisse vor, die sie
mit Hilfe des Beobachtungsschemas gesammelt hat. Auf diese Weise wird in geraffter
Form noch einmal der Verlauf der Podiumsdiskussion rekapituliert. Um diesen
Eindruck auch optisch zu unterstreichen, empfiehlt sich der Einsatz von Folien.
Bezüglich des ersten Themas dürfte nun für alle Beteiligten erkennbar sein,
dass die Rollen ein zusammenhängendes System von Interaktionsbeziehungen darstellen.
Politiker haben hier nur einen begrenzten Spielraum, ihre Rollen zu verändern:
Sie laufen Gefahr, an der politischen Wirklichkeit zu scheitern, wenn sie sie
nicht reflektieren. Im zweiten Teil des Berichtes der Beobachtungsgruppe dürfte
deutlich werden, dass der geringe Veränderungsspielraum nur dann genutzt werden
kann, wenn es auch gelingt, die Wähler/innen aktiv in das Interaktionsgeschehen
miteinzubeziehen.
Einsatzmöglichkeiten
Um eine ertragreiche Diskussionsrunde mit handfesten Ergebnissen durchzuführen,
sollten die Rollenkarten und die entsprechenden Befragungsaufträge frühzeitig
ausgeteilt und sorgfältig vorbereitet werden (siehe Hausaufgaben im entsprechenden
Baustein). Die Podiumsdiskussion eignet sich an dieser Stelle der Unterrichtsreihe
besonders, weil einerseits die bisherigen Arbeitsergebnisse in die Auseinandersetzung
eingebracht werden sollen und somit abschließend gesichert werden können, andererseits
bildet dieser Baustein ein geeignetes Sprungbrett, um die Schüler/innen zur
Erstellung einer eigenen Befragungen und weiterführenden Aktivitäten anzuregen,
wie sie in den folgenden Bausteinen empfohlen werden (siehe CD-ROM). Es bietet
sich an, die Podiumsdiskussion zu diesem recht komplexen Thema mit Schüler/innen
durchzuführen, die die Einhaltung von Gesprächsregeln beherrschen und mit den
Regeln von Rollenspielen oder Podiumsdiskussionen schon vertraut sind (ab Klasse
10).